Im November ist das erste Mal seit zwölf Jahren wieder ein Eisbärenbaby in Wien zur Welt gekommen. Wann wird es zum ersten Mal für Besucher zu sehen sein?

STEPHAN HERING-HAGENBECK: Das Jungtier hält sich fast nur noch zum Schlafen in der Wurfhöhle auf. Die restliche Zeit erkundet es mit seiner Mutter die Innenräume der Eisbärenwelt. Der Nachwuchs ist also reif dafür, seine Mutter Nora in die Außenanlage zu begleiten. Am Freitag, am Valentinstag, wird es soweit sein. Natürlich können sich die beiden zurückziehen, wenn sie das möchten.

Weiß man mittlerweile, ob das Eisbärenbaby ein Weibchen oder ein Männchen ist?

Das Geschlecht des Jungtieres konnte auf den Aufnahmen der Beobachtungskamera noch nicht erkannt werden. Deshalb hat es auch noch keinen Namen.

Sie sind seit 1. Jänner Zoodirektor in Wien. Haben Sie sich schon eingelebt?

Ich bin von allen Seiten extrem herzlich aufgenommen worden und fühle mich jetzt schon pudelwohl. Gerade lerne ich noch die betrieblichen Abläufe von der Tierfütterung über die Verwaltung bis hin zur Gastronomie kennen. Vor allem die Schönbrunn-spezifischen Bereiche zu verstehen, braucht seine Zeit. Wir sprechen zwar die gleiche Sprache, aber ich war jetzt 20 Jahre lang in Norddeutschland und es gibt doch einige Unterschiede, die man erst kennenlernen muss, bevor man mit neuen Ideen kommt.

Apropos neue Ideen – Welche Pläne haben Sie für den Tiergarten?

Meine Schwerpunkte liegen im baulichen und gestalterischen Bereich. Gerade planen wir das neue Aquarium. Das ist das größte Projekt, das der Tiergarten Schönbrunn je in Eigenregie verantwortet hat. Solche Neuentwicklungen auf dem räumlich begrenzten Gelände betreffen dann wiederum andere Gehege. Hier müssen wir jetzt entscheiden, ob wir einige Tierarten abgeben oder ihnen woanders neue Gehege bauen. Hinzu kommt, dass wir unter Denkmalschutz stehen und Unesco- Weltkulturerbe sind. Mein Plan ist, die geschichtsträchtige Bausubstanz zu erhalten und gleichzeitig mit modernster und innovative Tierhaltung zu kombinieren. Dafür ist der Zoo Schönbrunn auch international bekannt.

Aber sind Gehege – egal ob alt oder modern – überhaupt noch zeitgemäß?

Ein Zoo ist meiner Ansicht nach zeitgemäßer denn je. Wir leben in immer urbaner werdenden Lebensformen und da ist es wichtig, die Verbindung zur Natur nicht zu verlieren. Das Ziel muss sein, dass sich das Tier so naturnah wie möglich präsentieren kann und dann zu einer Begeisterung beim Besucher führt, die letzten Endes auch ein Engagement für die Natur zur Folge hat. Damit haben wir auch eine große Verantwortung, immerhin sind zoologische Gärten im deutschsprachigen Raum Freizeitziel Nummer Eins – noch vor König Fußball.