Im Landesgericht Linz hat am Montag der Bestechungsprozess gegen eine Ex-Lehrerin begonnen, die in 68 Fällen Sprachtests gegen Bezahlung manipuliert haben soll. Auch ihre Schwester und vier Männer sitzen auf der Anklagebank, weil sie mit der 43-Jährigen gemeinsame Sache gemacht haben sollen. Am ersten Verhandlungstag standen die Einvernahmen der Angeklagten auf dem Programm.

400 bis 1.000 Euro habe die ehemalige Prüferin, die von 2011 bis 2016 fallweise für den Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) die Tests abnahm, für ein positives Ergebnis von Kandidaten verlangt. Als Gegenleistung habe sie mit Bleistift angekreuzte falsche Antworten im Multiple-Choice-Teil der dreiteiligen Prüfung im Nachhinein ausgebessert. "Als Rekord wurden bei 37 von 45 Fragen Ausradierungen vorgenommen", erzählte Staatsanwältin Renate Lachberger.

Fragen vorher durchgegangen

Den frei zu verfassenden Text schrieben die Kandidaten mit ihrer Hilfe, bevor die Aufsätze zur zentralen Auswertung nach Wien weitergeleitet wurden. Bei einem Gespräch mit zwei Prüfern, dem dritten Teil der Prüfung, ging sie mit ihnen die Fragen vorher durch. Oder aber sie änderte negative Anmerkungen der Kollegen nach dem Gespräch in positive um.

68 derartige Fälle zwischen 2013 und 2016 sind in dem Verfahren angezeigt. Das Agieren der Prüferin bezeichnete Lachberger als "besonders verwerflich", denn es wurde "mit Geld der Integrationsgedanke hintergangen". Die Sprachtests sind laut Gesetz Voraussetzung für sogenannte niedergelassene Fremde, um entweder den Aufenthaltstitel oder die österreichische Staatsbürgerschaft zu erhalten.

Umfassendes Geständnis

Die Hauptangeklagte legte ein umfassendes Geständnis ab: "Ich bereue sehr, was ich gemacht habe. Meine Strafe war, dass ich nach Auffliegen der Sache einen Schlaganfall hatte." Ihr Verteidiger Lorenz Kirschner erklärte, dass seine Mandantin den Schaden wiedergutmachen wolle. Wie viel genau sie damit verdiente, könne nicht beziffert werden. Aber er plädierte für 400 Euro als Durchschnittswert pro Test anzunehmen. Rund 41 Mal will die Lehrerin diesen Betrag erhalten haben, meinte auch sie zur Richterin Andrea Haidvogl. In den anderen Fällen variierte die Summe nach oben und unten. Ein konkretes Motiv für ihrer Taten konnte die Angeklagte nicht wirklich nennen. Mal wollte sie ihrem heutigen Ex-Freund, der spielsüchtig sei, finanziell helfen. Persönlich sei die alleinerziehende Mutter zweier Kinder jedoch nicht in einer ernsthaft prekären Situation gewesen.

Der Schwester der Hauptangeklagten, die auch als Prüferin tätig war, wird zur Last gelegt, Deutschtests von ihren Kandidaten an die 43-Jährige weitergegeben zu haben. Auch sie gab dies zu, wenngleich sie anfangs nicht gewusst haben will, was mit den Prüfungen passierte.

Provision

Zwei der vier angeklagten Männer wiederum stehen im Verdacht, fleißig Kunden vermittelt zu haben, wofür sie auch eine Provision erhalten haben sollen. Und zu guter Letzt hat die Staatsanwaltschaft in diesem Verfahren noch zwei Prüflinge angeklagt, die sich ihre bestandenen Deutschtests erkauft haben sollen.

Aufgeflogen sind diese Manipulationen 2016. Nachdem in der Qualitätssicherung des ÖIF Unregelmäßigkeiten aufgefallen waren, erstattete der Integrationsfonds Anzeige. Danach verstärkte er die Sicherheitsstandards. Inzwischen werden laut ÖIF alle Prüfungsunterlagen in einem Kuvert versiegelt.

Der am Montagmorgen begonnene Prozess ist nicht der einzige in dieser Causa. Bereits Mitte März musste sich eine 54-Jährige türkische Testkandidatin vor dem Gericht wegen Bestechung verantworten. Voraussichtlich wird im Mai weiterverhandelt. Darüber hinaus könnten noch weitere Prozesse folgen, denn es sollen Prüflinge aus ganz Österreich zu diesen "frisierten" Deutschtests nach Linz vermittelt worden sein.