Das Programm des christlichen Sexualkundevereins TeenSTAR ist laut zwei Analysen für das Bildungsressort wegen Falschinfos und teils menschenrechtlich bedenklichen Aussagen in Schulungsmaterial nicht für den Einsatz an Schulen geeignet. Weil der Verein laut Ministerium aktuellere, unbedenkliche Unterlagen vorgelegt hat, darf er aber weiter an Schulen aktiv sein. Grüne und SPÖ fordern ein Verbot.

Bedenkliche Äußerungen

Ende vergangenen Jahres waren Schulungsmaterialien des Vereins öffentlich geworden, in denen u.a. Homosexualität als heilbares Identitätsproblem und Selbstbefriedigung als schädlich dargestellt sowie kein Sex vor der Ehe und natürliche Empfängnisverhütung propagiert wurden. Zwei der APA vorliegende, aus diesem Anlass vom Bildungsministerium beauftragte Stellungnahmen von Oktober bzw. November 2018 kommen zum Schluss, dass das Programm von TeenSTAR den gesetzlichen Rahmenbedingungen von Sexualpädagogik an Schulen widerspricht.

Warnungen

Die im Bildungsministerium angesiedelte Koordinationsstelle für Gesundheitsförderung ortet Verstöße gegen das Indoktrinationsverbot und Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und warnt vor den Folgen eines Einsatzes von TeenSTAR an den Schulen. "Es besteht die Gefahr, dass bei Kindern und Jugendlichen, die selbst oder deren Familien nicht dem als anzustrebend vermittelten spezifischen Lebensentwurf entsprechen, schwerwiegende persönliche Krisen ausgelöst werden können."

Wolfgang Plaute vom Bundeszentrum für Sexualpädagogik findet in dem Programm "falsche, massiv tendenziöse und teilweise auch menschenrechtlich bedenkliche Aussagen". Für die Stellungnahme hat er demnach neben den kritisierten Schulungsunterlagen auch wissenschaftliche Berichte, wohlwollende und kritische Medienberichte und Ergebnisse von Online-Recherchen berücksichtigt. Gegenüber der ZIB2 vom Mittwoch kritisiert er, dass seine Stellungnahme vom Bildungsministerium "aus zu kirchenkritischen Haltungen heraus" nicht berücksichtigt worden sei. Das Ministerium soll laut dem Bericht zudem selbst von der katholischen Kirche und von TeenSTAR unter Druck gesetzt worden sein.

Verein arbeitet weiter

Dass der Verein an den Schulen weiter sein Programm anbieten kann, wenn das dort von Lehrern und Eltern erwünscht ist, verteidigt man im Bildungsministerium dennoch. Man habe die Stellungnahmen der Experten keineswegs in den Wind geschlagen, betont Generalsekretär Martin Netzer gegenüber der APA. Diese würden sich auf die Unterlagen aus 2017 beziehen - und die sind laut dem Verein veraltet. "Der Befund stimmt. Aber er bezieht sich auf Unterlagen, von denen der Verein TeenSTAR behauptet, sie sind nicht mehr in Verwendung." Die Prüfung der laut TeenSTAR aktuellen Unterlagen im Bildungsministerium samt Befragungen von Vertretern des Vereins durch die zuständigen Fachbeamten habe dann keine Anhaltspunkte ergeben, dass nicht rechtskonform vorgegangen wird.

Netzer geht allerdings davon aus, dass durch den jüngsten Erlass zur Sexualpädagogik an den Schulen ohnehin eine höhere Sensibilität da ist. "Wir können Fehler und Missbrauch nur ausschließen, wenn wir in der Klasse die Pädagoginnen und Pädagogen haben, die uns gewährleisten, dass es hier zu keinen Äußerungen kommt, die an der Schule nichts verloren haben." Der neue Erlass stellt etwa klar, dass Lehrer künftig auch bei sexualpädagogischen Angeboten von Vereinen auf jeden Fall im Klassenzimmer bleiben müssen und damit gegebenenfalls einschreiten können. Außerdem müssen Eltern müssen vorab konkret über den Verein und die vermittelten Inhalte informiert werden.

Heftige Kritik

Grünen-Bundesrätin Ewa Dziedzic übte unterdessen am Donnerstag heftige Kritik an Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP). "Jetzt haben wir es schwarz auf weiß, dass Minister Faßmann den umstrittenen Verein TeenStar trotz besseren Wissens deckt und kritische Stellungnahmen, die vor dessen Zugängen zu Sexualpädagogik und den Auswirkungen auf Jugendliche warnen, ignoriert", so die Bundesrätin in einer Aussendung. Sie vermutet, dass Faßmann "vor einflussreichen UnterstützerInnen von TeenStar eingeknickt" sei und will diesem Verdacht nachgehen. Der Erlass des Ministeriums habe jedenfalls keinen Einfluss darauf, ob "der fragwürdige Verein" weiter an Schulen arbeiten kann.

SPÖ-Gleichbehandlungssprecher Mario Lindner nennt es in einer Aussendung einen "Skandal", dass TeenSTAR die Arbeit an Schulen nicht längst untersagt wurden. In der dieswöchigen Nationalratssitzung will er einen Initiativantrag einbringen, um Workshops des Vereins in Schulen zu verbieten.