Ein 69-jähriger Wiener ist am Dienstag am Landesgericht für Strafsachen vom Vorwurf freigesprochen worden, einen vermeintlichen Killer auf seine Ex-Frau angesetzt zu haben. Die Abstimmung der acht Geschworenen fiel im dem Prozess um versuchte Bestimmung zum Mord mit dem knappest möglichen Quorum von 4:4 Stimmen zugunsten des 19-fach Vorbestraften aus.

Nicht rechtskräftig

Dieser dankte freudestrahlend mit einem Nicken Richtung Geschworenenbank. Anschließend wurde er enthaftet. Urteilsbegründung im eigentlichen Sinne gab es - dem Gesetz entsprechend - keine. Eine solche ist in Schwurgerichtsverfahren schlicht nicht vorgesehen. Der Vorsitzende verwies lapidar auf den Wahrspruch der Geschworenen. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig, die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung ab.

Der 69-Jährige war bereits zum zweiten Mal wegen des von der Anklage behaupteten Mordplans vor Geschworenen gestanden. Mitte April hatten ihn die damaligen Laienrichter im Sinn der Anklage schuldig erkannt. Die drei Berufsrichter setzten das Urteil jedoch wegen Irrtums der Geschworenen aus und den Angeklagten auf freien Fuß. Die Verhandlung musste wiederholt werden. Das Wiener Oberlandesgericht (OLG) gab zwischenzeitlich einer Haftbeschwerde der Staatsanwaltschaft Folge - wegen des vom OLG angenommenen dringenden Tatverdachts musste der Mann Mitte Juni wieder eine Zelle in der Justizanstalt Josefstadt beziehen.

Dabei hatte ihn nach seiner Enthaftung ausgerechnet seine Ex-Frau und damit die von der Anklagebehörde angenommene Zielscheibe des 69-Jährigen bei sich aufgenommen. Sie meldete den Mann an ihrer Adresse an und ließ ihn in ihren Büroräumlichkeiten nächtigen. Insofern war es wenig überraschend, dass der immerhin 19-fach Vorbestrafte auch in seiner zweiten Schwurverhandlung wortreich die Anklage zurückwies.

Der Mann hat seit 1965 "Häf'n"-Erfahrung, hauptsächlich wegen Vermögensdelikten. "Ja, er ist ein Strolch", räumte Verteidiger Rudolf Mayer an. Im Hinblick auf seine kriminelle Karriere sei es aber äußerst unwahrscheinlich, dass sich sein Mandant ausgerechnet an einen ehemaligen Polizisten wende, wenn er seine Ex-Frau loswerden wolle.

Telefonat mitgeschnitten

Genau davon ging die Anklage aus. Der 69-Jährige hatte einen pensionierten Wega-Polizisten kennengelernt, der sich ihm angeblich als Personenschützer anbot. Der Beamte im Ruhestand verschwieg jedoch, dass er nunmehr als Vertrauensperson (VP) für die Polizei tätig ist. Ihm gegenüber soll der 69-Jährige zuerst von der Entführung, später von der Ermordung seiner Ex fabuliert haben. Ein entsprechendes eineinviertel Stunden langes Vorgespräch zeichnete der VP auch heimlich mit seinem Mobiltelefon auf. Um den Gesprächspartner zu überzeugen, dass er für das jähe und gewaltsame Ende seiner Ex zu zahlen bereit sei, soll der Angeklagte diesem eine prall gefüllte Brieftasche gezeigt haben.

"Ich hab' das alles gespielt", versicherte der 69-Jährige demgegenüber dem Schwurgericht (Vorsitz: Andreas Böhm). Der neue Bekannte sei ihm spanisch vorgekommen, er habe daher herausfinden wollen, "ob der gefährlich ist oder gewaltbereit". Zum Schein habe er ihn deshalb auf seine Ex-Frau angesetzt, mit der er sich in Wahrheit nach wie vor gut verstehe.

Der Verteidiger betonte, dass für die von der Anklage behauptete erwünschte Ermordung keine Anzahlung ausgemacht wurde. Das spreche gegen ein ernsthaft angedachtes Mordkomplott. Einen Auftragsmord, für den erst im Nachhinein bezahlt werde, "den gibt's nicht", bemerkte Mayer.

Der VP hatte dem 69-Jährigen nach zwei Treffen einen verdeckten Ermittler der Polizei vermittelt, der sich als Killer ausgab. 10.000 Euro soll ihm der Angeklagte in Aussicht gestellt haben - ebenfalls zum Schein, wie der 69-Jährige beteuerte. Er hätte nämlich sofort gespürt, dass der angebliche Auftragsmörder ein Polizist war. Auf die Frage, wie er darauf gekommen sei, entgegnete er: "Wenn man in einem Schweinestall arbeitet, kriegt man den Geruch einer Sau." Er habe den wahren Job des Mannes förmlich riechen können. Nach drei weiteren Treffen mit dem VP bzw. dem verdeckten Ermittler klickten für den massiv Vorbestraften die Handschellen.

Widersprüchliche Aussagen

Mit Ausschlag gebend für den Freispruch dürften die widersprüchlichen Zeugenaussagen des verdeckten Ermittlers und vor allem des Ex-Polizisten gewesen sein, der sich nach der ersten Verhandlung mit dem 69-Jährigen in einem Kaffeehaus getroffen hatte. Er sei "aus Neugierde" dort hin gegangen, erklärte der pensionierte Polizeibeamte als Zeuge dem Gericht. Er bestätigte die Angaben des Angeklagten, der zuvor berichtet hatte, der Ex-Polizist hätte bei dem Treffen gesagt, er habe während des Ermittlungsverfahrens befürchtet, er könne seine Pension als Wega-Beamter verlieren.

Die Angaben des Mannes irritierten insoweit, als er sich an die Inhalte der Gespräche mit dem Angeklagten nicht mehr erinnern konnte. "Ich kann nicht mehr verifizieren, was wann gesprochen wurde", gab er zu Protokoll. Es sei "schwierig für mich. Ich muss mich auf das beziehen, was im Akt steht." Auf die Frage, ob eine Anzahlung für den Auftragsmord vereinbart wurde, erwiderte der Zeuge ausweichend: "Bei der ersten Verhandlung wurde schon alles durchbesprochen."