Ein außergewöhnlicher Prozess ging am heutigen Montag im Wiener Straflandesgericht über die Bühne. Eine Prostituierte musste sich nach einem tödlichen Sex-Unfall wegen absichtlicher schwerer Körperverletzung mit Todesfolge verantworten. Sie soll am Ableben eines 45-jährigen Mannes mitschuldig sein, der in einem Wiener Hotel leblos in einer Schlinge hängend vorgefunden wurde.

Bereits zu Mittag fiel das Urteil: Die Frau wurde zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die Strafe wurde unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. 

"Atemkontrolle" bestellt

Die 29-Jährige, die als Domina tätig war, hatte am 12. September 2015 einen 45 Jahre alten Mann auf dessen Wunsch in einem von ihm angemieteten Hotelzimmer mit einem Schuhband bis zur Bewusstlosigkeit gedrosselt, worauf dieser in eine von ihm vorbereitete Schlinge sackte. "Er ist langsam in die Knie gegangen und hat sich in die Schlinge gelegt", schilderte die Angeklagte dem Schöffensenat (Vorsitz: Nina Steindl).

Obwohl der Mann schlaff im Seil hing, sich sein Gesicht verfärbte und er mit Händen und Füßen zu zucken begann, zog sie ihrer Darstellung zufolge noch einige Sekunden das zu einem einfachen Knoten zusammengebundene, einen Zentimeter breite Schuhband zusammen, ließ dann los, kleidete sich an und verließ - wie zuvor mit dem Freier vereinbart - das Zimmer. Der Mann, der die Prostituierte gezielt für eine bis zur Bewusstlosigkeit führende Atemkontrolle engagiert hatte, hatte keine Überlebenschance.

Zuvor hatte er ihr ein Schreiben übergeben, in dem er festhielt, er übernehme "die volle Verantwortung für jedes Risiko und gesundheitliche Schäden", wobei ihm bewusst sei, dass sein Fetisch zum Tod führen könne.

"Milde" des Gerichts

Zwei Jahre bedingt für Domina nach Sex-Unfall

"Das Nachtatverhalten zeigt, dass Sie kein völlig gleichgültiger Mensch sind", konzedierte Richterin Nina Steindl in der Urteilsbegründung. Dieser Umstand, die bisherige Unbescholtenheit der 29-Jährigen, ihre geständige Verantwortung sowie "der gute Eindruck, den Sie hinterlassen haben" bewog den Senat dazu, zugunsten der Prostituierten vom außerordentlichen Milderungsrecht Gebrauch zu machen.

An sich wäre für eine absichtliche schwere Körperverletzung mit Todesfolge ein Strafrahmen von fünf bis zehn Jahren zum Tragen gekommen - bei der Strafbemessung war die alte, bis Ende 2015 gültige Rechtslage heranzuziehen. Die Untergrenze konnte nach Dafürhalten des Gerichts aufgrund der besonderen Umstände des Falls deutlich unterschritten werden, "obwohl Sie den Mann in dieser Situation nicht vereinbarungsgemäß zurücklassen hätten dürfen. Das war schon eine grobe Fahrlässigkeit", so Richterin Steindl.

Domina bedankte sich

Die Angeklagte bedankte sich für das milde Urteil und nahm dieses nach Rücksprache mit Verteidiger Martin Mahrer an. Die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung ab. Die Prostituierte ist inzwischen nicht mehr als Domina tätig. Sie habe nach dem Todesfall Albträume bekommen, verriet sie dem Gericht.

Die Frau hatte in ihrer ausführlichen Befragung zugegeben, auf die Wünsche ihres Freiers eingegangen zu sein, der ihr für eine bis zur Bewusstlosigkeit führende Atemkontrolle 100 Euro bezahlt hatte. Üblicherweise pflegte die Domina diese in Form des sogenannten Face Sitting oder dergleichen durchzuführen, dass sie ihren Kunden mit ihren Händen die Atemwege verschloss, bis diese sie mit einem vereinbarten Zeichen - etwa Augenzwinkern - zum Aufhören brachten.