Er wolle "mehr Demokratie wagen", sagte Deutschlands SPD-Bundeskanzler Willy Brandt in seiner ersten Regierungserklärung im Oktober 1969. Vielleicht hat mancher österreichische Sozialdemokrat dieser Tage an den berühmt gewordenen Ausspruch gedacht. Denn die SPÖ hat sich im Zuge der Führungsdebatte geradezu eine Flutung mit Demokratie verordnet und droht jetzt in den dadurch erzeugten Wellen unterzugehen. Jeder darf kandidieren, dementsprechender Wildwuchs dürfte demnächst auf dem Stimmzettel herrschen. Die Chefsuche sei "etwas unübersichtlich geworden", gab sogar der sonst zurückhaltende Wiener Bürgermeister Michael Ludwig zu Protokoll. Ironische Fußnote: Die SPÖ droht von der Arbeiterpartei zur Anwärterpartei zu mutieren, zur Partei der Möchtegernchefs.