Nach fast zwei Jahren enervierender, nicht enden wollender Pandemie, unterbrochen nur von einigen Sommerwochen (fast) wie damals, wäre es dann langsam wirklich genug. Omikron müssen wir noch durchtauchen, aber dann: „Es ist plausibel, dass sich die Region auf eine Endphase der Pandemie zu bewegt“, sagte Hans Kluge, Europa-Chef der Weltgesundheitsorganisation (WHO) am Sonntagabend zur Nachrichtenagentur AFP – um im selben Atemzug vor möglichen weiteren Mutationen des Coronavirus zu warnen.

Diese Dauerkrise hat jedenfalls so manche Unsitten der Gesellschaft, Unarten menschlicher Gebärden und Unwörter zu Tage gefördert. Der „Babyelefant“ wurde längst wieder aus dem sprachlichen Zoo vertrieben, auch die „Hamsterkäufe“ sind passé. „Kritische Infrastruktur“, Lockdown“, „effektive Reproduktionszahl“, „Coronaleugner“, „systemrelevant“, „Contact Tracing“, „Impfgegner“, „Maskenpflicht“, „Schwurbler“ oder „coronabedingt“ sind geblieben und omnipräsent im medialen und gesellschaftlichen Sprachgebrauch. Nicht zu vergessen juristische Ungetüme wie „Covid-19-Schutzmaßnahmenverordnung“. Mein „coronasisches“ Unwort ist freilich seit langem „Planungssicherheit“. Eine Forderung, die quer durch die Gesellschaftsbereiche und Branchen immer wieder lautstark ertönt. Angesichts der von Patzern, falschen Versprechungen und unkoordinierter Praxisferne gekennzeichneten Krisenbewältigung durch die Regierenden sind diese Rufe, Ärger, Verzweiflung und Perspektivenlosigkeit nur allzu verständlich - sie blenden jedoch auch die Realität aus. Heute seriös sagen zu können, was in drei Monaten sein wird, ist nahezu unmöglich. In einer Pandemie, ausgelöst von einem immer wieder mutierenden und Varianten schlagenden Virus, ständig „Planungssicherheit!11!“ einzumahnen, ist wie der Ruf nach mannigfaltigen Wasserfällen in der Wüste. Wäre schön, spielt es sich aber leider nicht.

1776 Mal taucht das (Un-)Wort „Planungssicherheit“ seit Februar 2020 in Aussendungen und APA-Meldungen auf. Handel, Hotellerie, Gastronomie, Kindergärten, Schulen, Landwirtschaft, Sport, Pensionistenverbände etc. – wenn sonst nichts mehr geht, „Planungssicherheit!!!“ rufen geht immer. „Planungssicherheit“ bekommen haben kürzlich jene Schülerinnen und Schüler, die in diesem Jahr zur Reifeprüfung antreten werden. Vier Monate vor der mündlichen Matura wissen sie, dass diese, anders als 2020 und 2021, verpflichtend sein wird. Auch wieder nicht recht, manche gehen dagegen sogar auf die Straße. Nachzuvollziehen ist der Aufschrei gegen diese Entscheidung nur schwer. Die wahre Reifeprüfung bewältigen die angehenden Maturantinnen und Maturanten ohnehin schon seit fast zwei Jahren – indem sie Entbehrungen en masse hinnehmen mussten und (ungewollt) neue Kompetenzen erlernt haben. Die mündliche Matura ist für sie mehr Chance als Zumutung, im Idealfall sogar mehr Kür als Pflicht. Die Krise sollte nicht dazu dienen, in Höheren Schulen eine weitere Nivellierung nach unten zu betreiben. Präsenz im Unterricht, Präsenz bei der Reifeprüfung. Auch das nennt sich „Planungssicherheit“. 

Einen gut geplanten Wochenstart wünscht

Wolfgang Fercher