Titel: „Warum?“ und „Das Land der getöteten Frauen“, 27. 2.

Sechs Frauen und ein Mädchen sind tot. Ermordet! Quer durch Parteien, Frauen- und Gewaltschutzeinrichtungen und die Zivilgesellschaft gehen Betroffenheit und Bestürzung. Erwartbar! Auch viele Reaktionen darauf, was zu tun oder zu lassen wäre, um dies zu verhindern, sind beinahe im Wortlaut austauschbar.

Nur – wem hilft es, zu sagen, frau/man sei „tief erschüttert“? Auch die Überzeugung von Innenminister Karner, „dass die bisher von der Bundesregierung gesetzten Maßnahmen greifen werden“, ist an Zynismus nicht zu überbieten. Weder persönliche Betroffenheit noch der Hinweis auf bereits umgesetzte Maßnahmen schaffen in der Gesellschaft ein Umfeld, in dem Gewalt an Frauen rechtzeitig gesehen und verhindert wird. Es braucht neben allen gesetzten Maßnahmen unsere Zivilgesellschaft, die endlich bereit ist, die Gleichwertigkeit von Mann und Frau anzuerkennen, sie zu leben, und auch eine gendergerechte Sprache als selbstverständlich zu sehen, eine Gesellschaft, in der Feminismus für Gleichberechtigung, Menschenwürde und Selbstbestimmung steht, für alle Menschen.

Gefordert ist im Besonderen aber auch die Politik, die zwar die berufliche Selbstständigkeit der Frau einfordert und behauptet, es gebe genug Möglichkeiten für Mütter, ihre Kinder unterzubringen. Aber wie kann es dann sein, dass frau, um sich vom gewaltbereiten Mann zu trennen, keinen Kindergartenplatz für ihren kleinen Sohn findet und so auch keine Arbeit annehmen kann? Sie muss in der Abhängigkeit bleiben, bis, ja bis … Mag.a Maria Magdalena Cervenka, Klagenfurt

Weitere Leserbriefe zum Thema

Männlichkeit?

Auf der einen Seite der Mann, der seine Frau jahrelang unterdrückt, eventuell sogar immer wieder geschlagen hat. Jetzt, wo sie ihn verlassen will oder vielleicht eine neue Liebe gefunden hat, jetzt ist für ihn die „rote Linie“ überschritten, er hat seinen Anspruch verloren, fühlt sich gedemütigt, erniedrigt, verletzt – er schlägt zu .

Auf der anderen Seite der russische Präsident Putin, der ein völkerrechtlich zwar junges, aber eigenständiges Land in seinem verkorksten Geschichtsverständnis nicht als Nationalstaat anerkennen will. Jetzt, wo dieses Land vielleicht eine neue Liebe in der EU gefunden hat, sogar einen anderen Beschützer in der Institution der Nato sucht – jetzt ist die rote Linie überschritten, diese Ukraine darf niemandem sonst gehören, jetzt schlägt er ohne Rücksicht auf Verluste zu.

Es sind die zwei Seiten derselben Medaille, von der es Abschied zu nehmen gilt. Abschied von, wie es Jörn Pfennig in einem lesenswerten Buch genannt hat, der (falsch verstandenen) Männlichkeit.
Dr. Peter Lang, Graz

Ankündigungen

Unsere Frauenministerin kündigt ein Arbeitsgespräch mit Experten an, um die letzten Frauenmorde ruhig und ernsthaft zu analysieren. Irgendwie scheint das Bewusstsein in der Politik zu fehlen, dass die Anzahl der Femizide schon seit Jahren im Steigen begriffen ist. Es musste leider erst wieder etwas passieren, damit (wieder einmal) reagiert wird. Prävention sieht anders aus. Wieder gibt es einen Aufschrei und massive Ankündigungen, die aber leider die Frauen nicht schützen werden können.

Was wird wohl jetzt weiter passieren? Verpflichtende Männerberatungen, strengere Betretungs- und Annäherungsverbote? Es muss doch inzwischen klar sein, dass sich potenzielle Frauenmörder von keiner dieser Aktivitäten abhalten lassen. Wie wäre es denn zum Beispiel mit einer Analyse der kulturellen Hintergründe dieser feigen Mörder und eine entsprechende Reaktion darauf, oder damit, dass die Exekutive bereits bei Morddrohungen einschreitet und nicht erst, wenn es schon passiert ist?
DI Gerhard di Bernardo, Villach

Täterfreundliche Justiz

Es ist entsetzlich, wie viele Frauen in unserem Land getötet werden. Jedes Mal geht ein kurzer Aufschrei durch die Medien und man fordert Maßnahmen. Die Justiz wäre gefordert, Gesetze zu schaffen, um den Anfängen entsprechend zu wehren und um die Gesellschaft vor gefährlichen Personen zu schützen. Aus dem Justizministerium kommt dabei gebetsmühlenartig, dass wirkungsvollere Strafen nicht zielführend wären. So ist Vergewaltigung ein Delikt geworden, das mir nahezu straffrei erscheint. Bei circa 1000 Fällen im Jahr kommt es zu einer strafrechtlichen Verfolgung, von diesen kommt es nur bei zehn Prozent zu einer Verurteilung. Wird sexuelle Gewalt von der Justiz nicht ernst genommen, obwohl diese natürlich auch bis zur Tötung führen kann? 

Im Fall der armen Leonie wurden Einblicke gegeben, was sich in betreuten Wohnungen der Stadt Wien für Tragödien abspielen. Drogen, Gewalt und sexuelle Übergriffe sind dort offenbar sehr häufig und ziehen viele junge Menschen in tiefstes Unglück. Allerdings sind die Möglichkeiten des Eingreifens bei dieser täterfreundlichen Justiz beschränkt. Die entsprechende Anpassung der Gesetze an die herrschende Situation könnte viel Leid verhindern. Dr. Gerald Techt, Hitzendorf

Die Uhr tickt

Expert:innen von Opferschutzeinrichtungen sind wichtig und unverzichtbar. Grotesk wird es aber für mich, wenn sie auch als Präventionsexpert:innen bezeichnet werden. Wie wenn Chirurgen, die gut mit dem Messer umgehen können, sagten, sie seien automatisch gute Köche.

Wenn Österreich tatsächlich nicht nur mehr Opferschutz, sondern auch Prävention fördert – also das Verhindern und Reduzieren von Gewalt – dann braucht es ein Projektkonzept mit Zielen, Rollen, Risikoanalyse und Kostenaufstellung.

In den letzten 40 Jahren meiner aktiven Präventionsarbeit habe ich mich vergeblich darum bemüht, Politiker:innen zu motivieren, diese ersten Projektmanagement-Schritte einzuleiten. Ursachenorientierte und professionelle Gewaltprävention ernst zu nehmen bedeutet, die ersten Schritte in eine gewaltfreie(re) Zukunft von Kindern, Frauen und Männern zu setzen.

Einmal mehr schließt mein Beitrag daher mit dem Plädoyer, die Komplexität von Gewaltprozessen anzuerkennen, und dementsprechend umfassende und nachhaltige Präventionsstrategien in Österreich festzulegen. Bei den Opfern und Morden anzusetzen, ist leider zu spät! Die Uhr tickt. Der nächste Mord ist nur eine Frage der Zeit! Günther Ebenschweiger (Präventionsexperte), Hausmannstätten

Mut zur Freiheit

Ich spreche dich an: Du hast die Berichte über die grausame Serie an Tötungen von Frauen gelesen. Du sitzt vielleicht gerade beim Frühstück und denkst dir, so weit wird es bei mir nicht kommen. Das passiert irgendwo, weit weg, bei uns renkt sich doch immer wieder alles ein. Ist das so? Merkst du, wie dein Herz schneller schlägt, wie sich das Karussell der Gedanken dreht, du dieses beklemmende Gefühl bekommst? Du dich selbst zu beruhigen versuchst? Es tut ihm leid, er hat sich entschuldigt, es kommt nicht wieder vor, ich habe ihn ja vielleicht provoziert, er ist gestresst, es war eine Ausnahmesituation. Was bin ich ohne ihn? Geht sich das finanziell aus, was passiert mit der Wohnung, dem Haus, mit den Kindern, was würden die Nachbarn sagen? Eigentlich ist alles meine Schuld, allein schaffe ich es nicht.

Glaub mir, du schaffst es. Du hast es in der Hand. Sei mutig, sei stark, du hast diese Kraft in dir, und auch wenn der Schritt so schwer und fast unmöglich erscheint, du kannst es. Es wird leichter, es wird besser und vor allem kommt nach dem Mut die Freiheit, und das ist doch eines der wunderbarsten Dinge, nach denen es sich zu streben lohnt. Wo immer du jetzt gerade bist, ich glaube an dich und daran, dass du das kannst. Steh auf, steh für dich selbst ein, sei mutig und hol dir deine Freiheit zurück. Elfriede Weinzierl, Öblarn