Sumba ruft. Die Insel ist Indonesiens Unbekannte. Eine scheinbar unberührte Welt, in der Natur- und Ahnengeister unterwegs sind zwischen Regenwald im Westen, Savanne im Osten und kilometerlangen Traumstränden an den Küsten. Und irgendwo dazwischen steht Maxi.

Er hält die Machete vor sich in die Luft. Er braucht die „Parang“, um sich seinen Weg durch den Dschungel zu schlagen – oder für Tieropfer. Aber er würde damit auch seinen Stamm verteidigen, erzählt der junge Bursche. Nur mit ihr sei er „ein Mann“. Maxi ist offiziell Christ. Wie die meisten, seit die Niederlande die indonesische Insel kolonialisierten. Aber der Volksglaube der „Marapu“ und seine Riten sind tief verwurzelt auf der „Kleinen Sundainsel“.

Maxi mit seiner Machete. Nur mit ihr ist er im Volksglauben der Machete "ein Mann"
Maxi mit seiner Machete. Nur mit ihr ist er im Volksglauben der Machete "ein Mann" © Verena Gangl

Nihi: Luxusresort und Hilfsprojekt

Armut trifft dort auf Moderne und Reichtum: Im Luxusresort „Nihi Sumba Island“ etwa trägt „Gottes Linke“ auf Bilderbuch-Wellen Surfer über den Ozean. Stars wie David Beckham genießen dort die Abgeschiedenheit an einem einsamen Strand, umgeben von Regenwald. Gleichzeitig werden mit der „Sumba Foundation“ des Resorts Projekte für Bildung, sauberes Trinkwasser und gegen Malaria auf der Insel umgesetzt. „93 Prozent der 380 Angestellten sind Inselbewohner“, sagt Lily Dahmayanti, Executive Assistant Director des Resorts.

"Gottes Linke" trägt Surfer auf Sumba über Bilderbuch-Wellen
"Gottes Linke" trägt Surfer auf Sumba über Bilderbuch-Wellen © Nihi Sumba

Exotische Früchte, Ikat-Webereien und Opfertiere

Auch Maxi arbeitet für das „Nihi“-Resort. Er hat die Machete wieder in die Scheide aus Bambusholz gesteckt und führt die Besucher über den Markt in Waikabubak: Exotische Früchte, Gemüse, Fisch, Eier oder Reis blitzen bunt unter den Wellblechdächern hervor. Das Innere des Markts ist gespickt mit traditionellen Ikat-Webereien, für die Sumba bekannt ist.

Dazwischen versteckt sich auch die Betelnuss. Die Pflanze soll gegen Müdigkeit wirken und berauschen. „Ich kaue Betelnuss, seit ich zehn Jahre alt bin“, erzählt Marktbesucherin Mamalita. Ihr Lächeln offenbart die Folgen: Die Lippen sind tiefrot eingefärbt, die Zahnreihen lichten sich. Bellen lenkt die Aufmerksamkeit an den Rand des Geländes. Auf Sumba werden Hunde als Opfertiere verkauft – angeleint warten sie in einer Baracke hinter den Marktständen auf das Unausweichliche. Auch das ist Sumba.

"Hexenhäuschen" im Marapu-Dorf

Weiter geht es mit dem Jeep. Während der Geländewagen an der grün getränkten Landschaft und einigen Büffelherden vorbeizieht, über Holperpisten poltert, macht sich der Geruch von Rauch breit. Er ist treuer Wegbegleiter. Irgendwo brennt immer etwas. Der Geländewagen stoppt. Maxi führt die Besucher durch das traditionelle „Prai Ijing“-Dorf. Das typische Haus der Marapu steht auf Stelzen. Im Haus ist die Aufteilung klar: unten die Tiere, darüber leben die Menschen, ganz oben lagern die Lebensmittel. Und es ist der Platz der Ahnen. Das Dach ist mit getrocknetem Gras gedeckt, seine Spitze ist durch die offenen Feuerstellen meist angekokelt. Sie erinnern an Hexenhäuschen im Wäldermeer.


Mystische Stimmung liegt in der Luft – der Rauch, der über dem Dorf schwebt, tut das Seine. Die Häuser umringen den Opferplatz. Auf ihm werden zum Beispiel bei Beerdigungen schon einmal fünf Büffel und ein Pferd mit auf die Reise ins Jenseits gegeben. „Marapu glauben, dass nach dem Tod ein neues Leben beginnt“, erzählt Maxi. Die Tiere braucht der Verstorbene, um ins Jenseits darauf zu reiten, und für die Arbeit auf dem Feld. Auch sie geht in der Nachwelt weiter.

Am Lapopu-Wasserfall rauscht das Wasser aus etwa 90 Metern in die Tiefe
Am Lapopu-Wasserfall rauscht das Wasser aus etwa 90 Metern in die Tiefe © Nihi Sumba

Lapopu-Wasserfall und das türkisblaue Wasser


Das Brummen des Motors im Jeep verstummt, als er im grünen Dickicht hält. Endstation. Es geht zu Fuß weiter über einen schmalen Pfad und eine Bambusbrücke. Die Belohnung folgt auf den letzten Schritt: der Ausblick auf den Lapopu-Wasserfall, wo das Wasser aus 90 Metern in die Tiefe saust, ehe es in einen Bach mündet. Türkisblau und kristallklar wie das Meer, das die Sandstrände umspült.

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