Lag es am Thermalwasser oder auch an den frivolen Spielen im Badehaus, in dem Männer und Frauen gemeinsam in einem großen Zuber planschten? Dem historischen Kurort Bad Gastein wurde seit jeher eine befruchtende Wirkung nachgesagt. Dank einer Kur seiner Mutter soll auch Mozart geboren worden sein. Zahlreiche Künstler verdanken dem mondänen Alpenkurort fruchtbare Werke: Gustav Klimt, Gustav Mahler, Franz Schubert, Johann Strauß oder Thomas Mann, dessen „Zauberberg“-Ausspruch „Auf den Bergen wohnt die Freiheit“ Pate steht für das internationale Kunst- und Kulturfestival „sommer.frische.kunst“, das in den letzten acht Jahren 60 Künstler angezogen hat.

„Früher haben Künstler in der Sommerfrische geurlaubt und gearbeitet. Das möchten wir wiederholen und den Ort im Sommer mit urbanen Geistern erfüllen“, sagt der Obmann des Tourismusverbandes Ike Ikrath, der Kunst als Hebel sieht, um Bad Gastein zu erneuern. Die Ateliers im historischen Kraftwerk üben belebende Wirkung aus. So hat heuer Naneci Yurdagül an einem Ort, der von vielen muslimischen Familien besucht wird, Mut bewiesen, indem er die Frau in der Burka thematisierte. Spannend auch die zu Öfen umgebauten Kampfjet-Tanks von Michael Sailstorfer oder die Ausstellung von Jonathan Meese „Walhalla-Traum“ auf der Kunstmeile Kaiser-Wilhelm-Promenade.

Nicht nur die Kunst, auch die Hotellerie soll laut Ikrath auf ein Niveau gebracht werden, „das dem Ort gerecht wird“. Internationale Investoren und Hotelerneuerer haben nun den Kurort mit dem morbiden Charme vergangener Glanzzeiten und dem urbanen Flair der Belle-Époque-Paläste aus dem Dornröschenschlaf geweckt.

Olaf Krohne aus Hamburg kehrte in den Ferienort seiner Kindheit zurück, um 2009 das Regina zum Boutiquehotel zu machen, indem er das schöne Alte freilegte und mit neuer Patina versah. So gibt es in den Zimmern venezianische Betten, neue Design-Elemente ergänzen den Shabby-Chic-Stil. „Die ersten Jahre waren hart“, erinnert sich Krohne, der in Hamburg die erste Lounge Bar eröffnet hatte und von seinen deutschen Kontakten zehrt. Sein Konzept, „alte Kästen mit jungen Leuten zu füllen“, ging auf.

Zu den Erneuerern gehören auch Evelyn und Ike Ikrath – Hotelierin und Wiener Architekt – die aus „Haus Hirt“ und Hotel „Miramonte“ keine „normalen Hotels“, sondern „Hideaways“, gemacht haben. Rückzugsorte für „Menschen, die neugierig geblieben sind“, wie es Zukunftsforscher Matthias Horx formuliert.

Ein Zufluchtsort der anderen Art ist das ober dem Ort liegende Waldhaus Rudolfshöhe, ein verspielt-gemütliches, stilvolles Gasthaus mit vier Betten und sensationeller Kulinarik. Die vom „Bad-Gastein-Virus“ befallenen Berliner Stefan Turowski, TV-Journalist, und Jan Breus, Fashion Stylist, haben es gepachtet und neu adaptiert. „Wir kamen nicht hierher, um ein zweites Berlin oder ein anonymes Ding zu machen, wir mögen es persönlich“, sagt Stefan. „Unique“ ist auch die Küche von Jan, der ein begnadeter „Soul Kitchen“- Künstler ist.

Das „alte Gastein“ wieder aufleben lassen wollte der Tiroler Christof Erharter, seit 16 Jahren Eigentümer des historischen Hotels Villa Excelsior, das er der Kirche abgekauft hat. „Damals war alles sehr verstaubt“, erinnert er sich. Doch dank „sommer.frische.kunst“ und positiver Presse wurde „die Geisterstadt als spannend verkauft“. Im Kurbereich des Hotels gibt es noch eine „Gasteiner Wanne“, in die Wasser aus einer der 18 radonhaltigen Heilquellen gefüllt wird. Viele Gäste blieben einige Wochen, obwohl sie noch im Arbeitsleben seien, erzählt Erharter. „Sie flüchten aus der Realität ins Zeitlose.“

Anna aus Schweden und Marc O’Hagen aus Neuseeland, die Betty’s Bar vis-à-vis der revitalisierten Villa Solitude betreiben, lieben das „little bit different“ des Ortes. „Bad Gastein ist ein Ort mit Fragezeichen, ein Ort, der nicht fertig inszeniert ist“, sagt Fremdenführerin Elisabeth Kröll. „Er ist nicht nur für Schöne und Reiche, sondern auch für Alte und Kranke, ein Ort mit Frakturen und Gebrochenheit.“ Der gerade deshalb Berliner Partyorganisatoren und Szenekünstler fasziniert. Nicht nur ihnen empfiehlt Kurdirektorin Doris Höhenwarter: „Lassen Sie sich von der Muse Bad Gastein inspirieren.“

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