Kann man mehr als nur einen Menschen lieben? Eine Beziehung mit mehr als nur einer Person eingehen? Diese Frage beantworten viele Menschen wohl entschieden mit einem "Nein". "Das haben wir am Anfang auch selbst gedacht, wir bekommen das auch immer wieder zu hören", erzählen Marco (32), Marcel (35) und Michel (24). Auch sie hatten lange eine traditionelle Beziehung vor Augen, die aus zwei Partnern besteht. "Dass wir hier mal zu dritt auf der Couch sitzen würden, verheiratet, das hätten wir nie gedacht. Das war auch nie der Plan." 

Von der Liebe zu zweit...

Am Anfang waren sie zu zweit: Marcel und Marco. Die beiden kannten sich bereits seit einiger Zeit, hatten einen gemeinsamen Bekanntenkreis. Sie kommen sich schließlich näher und werden 2011 ein Paar. "Ich war eigentlich so der Typ 'Ich heirate sicher nicht' - ich wollte da eher offen bleiben, was sich so ergibt", erinnert Marcel sich grinsend zurück. Die Liebe ist schließlich doch stärker: Ein halbes Jahr später verloben sie sich, 2012 folgt die Hochzeit.

Kurze Zeit später lernt Marcel durch Zufall einen Freund seiner jüngeren Schwester kennen: Michel. Den prägt die Begegnung nachhaltig: "Ich hatte mich zu der Zeit gerade selbst als homosexuell geoutet. Als ich dann mit Marcels Schwester bei ihm und und Marco in der Wohnung war und ihr Hochzeitsbild am Kühlschrank gesehen habe, da habe ich die beiden so bewundert. Dafür, dass sie so offen mit ihrer Beziehung umgehen, dass sie geheiratet haben und eine Familie sind. Ich habe die beiden nie vergessen können." 

... zur Liebe zu dritt

Vier Jahre lang denkt Michel immer wieder an das Ehepaar. Bei dem beginnt es nach einiger Zeit zu kriseln: "Wir waren vier Jahre verheiratet und haben dann festgestellt, dass kurzzeitig ein bisschen die Luft raus war", erzählt Marcel. "Wir wollten uns einfach ein bisschen Spannung in die Beziehung holen". Die beiden schauen sich um, suchen nach Abenteuer - so wirklich funktionieren will das jedoch nicht. Bis ihnen eines Tages Michel auf Facebook schreibt - jedem einzeln, wohl gemerkt.

Das geht eine Zeit lang so, bis Marcel und Marco merken, dass sie mit dem selben Mann schreiben. Schnell stellen sie fest, dass sie Michel beide mögen: Sie verabreden sich zu Spieleabenden, lernen sich besser kennen. Irgendwann bleibt Michel über Nacht. Marco und Marcel erinnern sich: "Wir sind am nächsten Tag weggefahren - im ganzen Urlaub ging es nur um Michel. Jeder von uns ist ständig am Handy gewesen."

"Entweder wir lassen uns scheiden oder wir machen's besser"

Am letzten Abend des Urlaubs machen Marcel und Marco schließlich reinen Tisch und sprechen sich aus: "Wir waren da an einem Punkt, an dem wir uns entweder scheiden lassen oder wir machen's besser." Die Entscheidung ist schnell klar: "Wir machen's besser. Weil in Wahrheit gefällt er uns ja beiden und wenn das so ist, ist das vollkommen okay." 

Die beiden suchen das Gespräch mit Michel. "Wir wollten ihm einfach die Wahl lassen: Kann er sich das vorstellen mit uns beiden, kann er damit umgehen? Wenn er das nicht kann, ist das vollkommen okay, dann ist das so." Und tatsächlich ist Michel zunächst skeptisch, geht auf Distanz: "Ich habe da einfach erstmal Zeit gebraucht", sagt er. 

Von gesellschaftlichen Erwartungen und Eifersucht

Der Kontakt bricht zunächst ab - nach einiger Zeit beginnen sie wieder sich zu treffen. Seit 2016 sind sie mittlerweile zu dritt in ihrer Beziehung. Und obwohl sie die heute sehr offen ausleben und zum Beispiel auf Instagram Einblicke in ihre Beziehung liefern, um sie für andere nachvollziehbarer zu machen, haben Marcel, Marco und Michel anfangs zu kämpfen - mit den eigenen Glaubenssätzen, aber auch mit Eifersucht.

"Dieses 'Es gibt nur zwei in einer Beziehung', das wir viel von außen zu hören bekommen - das haben wir am Anfang auch gedacht", sagt Marco. "Im Hinterkopf hat man schon dieses 'Ich betrüge meinen Partner' gehabt - bis man realisiert, dass man das gar nicht macht, sondern dass man zu dritt miteinander das Leben verbringt. Das zu realisieren, dauert - es ist halt eben gesellschaftlich so gelernt." 

"Die Eifersucht kommt von Selbstzweifeln"

Auch das Thema Eifersucht kommt auf. Der Schlüssel für eine gelingende Partnerschaft für die drei: Reden, reden, reden. "Wir haben uns dann hingesetzt und uns angeschaut, woher die Eifersucht kommt", erzählt Marco. "Wir sind dann recht schnell drauf gekommen, dass das Selbstzweifel sind. Die Angst, dass der eine den anderen besser finden könnte, als man selbst. Dabei liebt man den anderen genauso und das haben wir uns gegenseitig auch so vermittelt."

Seit 2016 sind Marcel, Marco und Michel mittlerweile zusammen. Im Juli haben die drei sich nun in einer freien Trauung das Ja-Wort gegeben (rechtlich anerkannt ist eine Ehe mit mehreren Personen in Österreich bislang nicht) - am 21. Juli, dem selben Tag, an dem auch Marcel und Marco vor zehn Jahren geheiratet haben und der gleichzeitig Michels Geburtstag ist. "Es war eine wunderschöne Zeremonie", schwärmt Marcel. 

Am 21. Juli haben sich Marcel, Marco und Michel in einer freien Trauung das Ja-Wort gegeben.
Am 21. Juli haben sich Marcel, Marco und Michel in einer freien Trauung das Ja-Wort gegeben. © Melanie Eisner (Eisner Fotografie)

Begleitet wurden sie an ihrem großen Tag übrigens auch von einem Fernsehteam. Michel: "Wir wollen einfach zeigen, dass es möglich ist, eine Partnerschaft und jetzt auch Ehe zu dritt zu führen. Ich habe von Anfang an keinen Unterschied zwischen Marcel und Marco gemacht."