Ratgeber ersetzen keine Therapie

Nach einer Trennung gibt es meist viel zu klären: Geld, Kinder, Haus und Hund – wer nimmt was? Doch das hätte laut Maurer nichts mit richtiger Trennungsverarbeitung zu tun. Heilung braucht vor allem den Willen, sich dem Schmerz zu stellen und ihn zu versorgen. Zum Beispiel indem man sich folgende Fragen stellt: Wie tröste ich mich selbst? Wie lasse ich mich von anderen trösten? Und wie stelle ich mich dem Schmerz, der notwendig für meine Heilung ist?In ihrer Verzweiflung suchen manche Trost in Ratgebern oder 10-Schritte-Programmen. Maurer sieht das allerdings skeptisch. Denn Herzschmerz hält sich weder an Gesetzesmäßigkeiten noch an Zeitvorgaben. So unterschiedlich wie jede Partnerschaft sei auch jede Trennung. Liegt zu viel im Argen, „können solche Bücher oder Internetseiten nur Impulse geben, sie ersetzen in der Regel aber keine Therapie“.

Apropos Therapie: Diese könne beispielsweise dabei helfen, unbewusste Beziehungsmuster zu erkennen. Zum Beispiel: Ist Person X Single, lebt sie ein selbstbestimmtes Leben. In einer Beziehung beginnt sie sich allerdings zu verbiegen. So sehr, dass am Ende nichts mehr von ihr übrig bleibt. Woher kommt das? Auch daran festzuhalten, der andere sei für das eigene Glück zuständig, sei ein Trugschluss: „Mein Partner ist nicht für meine Zufriedenheit verantwortlich“, sagt Birgit Maurer.

Singledasein als Charakterfehler

Bin ich beziehungsunfähig? Nach einer Trennung neigen vor allem Frauen dazu, an sich selbst zu zweifeln. Laut der Autorin Gunda Windmüller sei das auch eine Gesellschaftsfrage. Frauen lege man das Singledasein nämlich schnell als Charakterfehler aus. Wahr ist für sie aber das Gegenteil: „Wer Single ist, dem kann zwar unterstellt werden, dass er beziehungsunfähig sei. Aber jeder Freund und jede Freundin, die man hat, ist der lebendige Gegenbeweis dafür“, schreibt sie in ihrem Buch „Weiblich, ledig, glücklich – sucht nicht: Eine Streitschrift“.

Wisch-und-weg-Prinzip

Und dann wäre da auch noch das Internet. Partnersuche entwickelte sich dort durch Online-Dating zum „Konsumartikel“. Das hat auch Einfluss auf das Ende von Beziehungen. Die Erwartungen sind hoch: Vielleicht kommt ja noch jemand Besseres? Gleichzeitig verwahrlosen durch die Austauschbarkeit die Umgangsformen. Quasi per Wisch-und-weg-Prinzip enden zunächst vielversprechende Bekanntschaften ohne Angabe von Gründen. Das Gegenüber bleibt mit vielen Fragezeichen zurück.
Und manchmal ist das Scheitern einer Beziehung auch einfach dem Lauf der Dinge geschuldet: „Wir entwickeln und entfalten uns. Das kann für einen Lebensabschnitt passen, für einen anderen allerdings nicht“, erklärt Maurer.

Die wichtigste Beziehung im Leben

Der Weg vom Scherbenhaufen bis zum Neuanfang kann ein steiniger sein. Doch selbst Tiefpunkten lässt sich etwas Positives abgewinnen: „Liegt doch darin auch die Möglichkeit, sich in seiner Selbstfürsorge zu stärken“, sagt Psychotherapeutin Maurer. Hass, Rache, Trauer, Verzweiflung, Wut – das darf alles sein. In destruktiven Gefühlen sollte man trotzdem nicht stecken bleiben. Wichtig sei, an seine Stärken anzudocken und sich selbst nie aufzugeben. Und vor allem den Fokus vom Partner zurück auf sich selbst zu lenken. Sozusagen die Krise als Chance zu verstehen. Und zwar um die wichtigste Beziehung, die man im Leben führen kann, zu stärken: nämlich die mit sich selbst.