Mit „Red Dead Redemption 2“ (RDR2), dem nächsten Teil im Western-Epos, beweist Rockstar Games, dass sie noch nicht zum alten Schießeisen gehören. Denn immerhin wartet das neueste Action-Abenteuer der GTA-Macher nicht nur mit beeindruckender Grafik, sondern vor allem mit einer riesigen und lebendigen Spielwelt auf. Wir zeigen euch, wieso RDR2 so ein großes Pulverfass aufgemacht und am Startwochenende bereits 725 Millionen Dollar eingespielt hat.

Wie auch schon im Vorgänger dreht sich die Geschichte wieder um die Van-der-Linde-Gang, nur dass nun Arthur Morgan die Hauptrolle übernimmt. Als dieser erkundet man die offene Spielwelt, die dieses Mal dem Ausdruck auch wirklich gerecht wird. Von eigenen Tagesabläufen der Gangmitglieder, dem glaubhaften Verhalten der Tierwelt bis hin zur Reaktion der anderen Figuren auf Arthurs Verhalten wirkt das gesamte Werk wie aus einem Guss.

Howdy!

Dies zeigt sich vor allem in den Details. Wer sein Pferd regelmäßig streichelt und striegelt, baut eine engere Bindung zu ihm auf und kann danach waghalsigere Manöver einfacher durchführen. Oder: Falls Arthur auf der wilderen Seite des Westens zu Hause ist, wird er in einer Stadt eher mit vorgehaltener Waffe denn mit einem freundlichen „Howdy“ begrüßt. Diese authentischen Reaktionen aus dem Umfeld sorgen für eine als genuin vermittelte Lebendigkeit des virtuellen Universums.

Die Geschichte, der RDR2 folgt, ist kein bahnbrechendes Meisterwerk. Sie bietet eine ausbalancierte Abwechslung an Geschwindigkeit und Intensität, weil auf spektakuläre Schießereien immer wieder ruhigere Schleicheinlagen und längere Reitpassagen folgen. Somit fügt sie sich nahtlos in das Spiel selbst ein. Ein weiterer Glanzpunkt sind aber die zahllosen Nebenaktivitäten, denen gefrönt werden kann.Während mit den Banditenkollegen Poker oder Domino gespielt werden kann, wollen zusätzlich die Tiere im Camp versorgt oder Feuerholz gehackt werden. Und irgendjemand muss sich um die vollen Eimer kümmern. Wem dies zu realitätsnah ist, der kann sich abseits des Lagers auf zusätzliche Begegnungen einstellen. Etwa wenn ein ausgebüxtes Zirkustier wieder eingefangen werden will oder Arthur gebeten wird, bei der Ausgrabung von Dinosaurierknochen zu helfen. Nach einiger Zeit tauchen zwar ähnliche Jobs in anderer Gewandung auf, nichtsdestotrotz bietet das System eine unterhaltsame Ergänzung zur Haupterzählung.

Geheimnis des Erfolgs

Doch nicht nur Grafik und Inszenierung sind erstklassig: Die Tatsache, dass das Western-Genre in der Spielewelt selten genutzt wird, trägt ihren Teil zum Triumph bei. Dennoch gab es im Wilden Westen zum Zuckerbrot noch die Peitsche: Neben Problemen mit der High Dynamic Range, die für satteren Kontrast sorgen soll, gesellen sich eine eher träge Steuerung und eine fehlende deutsche Sprachausgabe. Wenn aber ersichtlich wird, wie viel Liebe zum Detail in das Projekt gesteckt wurde und das Ergebnis zudem über einen langen Zeitraum Spaß bereitet, steht dem Erfolg nichts mehr im Wege. Dann wird auch über Macken leichter hinweggesehen.