Es war ein unwegsames Gelände, das Erich Franz Ganster 2015 im Ragnitztal erstanden hatte. „Der Abhang war so steil, dass ich beim Mähen kaum stehen konnte“, erzählt er. Es bedurfte der Phantasie eines guten Architekten, sich den Bau eines Hauses in dieser Lage überhaupt vorstellen zu können.
Gansters Plan war, das Haus so in den Hang zu setzen, dass das oberste Stockwerk fließend in die Wiese im oberen Teil des Grundstücks übergeht. Wer vom Ragnitztal auf das Haus zugeht, vor dem ragt eine in drei Etagen gegliederte Holzfassade auf. Der oberste Stock öffnet sich, von der Straße aus unsichtbar, zur Wiese und zum Hang des Nachbargrundstücks hin.
Gansters Intuition erwies sich als machbar. Seit 2022 wohnt der Architekt, der sein eigener Bauherr ist, in dem kompakten, gemütlichen Haus. Im Norden geht der Blick von den Balkons in beiden Stockwerken bis zum Schöckl. Südseitig, wo Gansters Wiese endet, weiden die Schafe des Styriarte-Intendanten und Nebenerwerbsbauern Mathis Huber. Vor der überdachten Terrasse, die dem Wohnzimmer vorgelagert ist, ließ der Architekt einen kleinen Pool ausheben.
„Ich bin begeisterter Holzbauer“, sagt der Deutschlandsberger der beklagt, dass der Baustoff von vielen Menschen noch immer mit Skepsis betrachtet werde. Nur das unterste Geschoß musste er – schon aus Gründen der Hangstabilität – aus Beton gießen lassen. Das Kinderzimmer der elfjährigen Tochter, sein Schlafzimmer und das Arbeitszimmer im mittleren Stock baute Ganster ebenso aus Holz wie das „Penthouse“, wie er den Wohnbereich im obersten Geschoß nennt. Das Stiegenhaus, das alle drei Ebenen miteinander verbindet, und ein Kamin teilen den Wohnbereich von der Küche ab und gliedern so den großflächigen Raum.
Für das größte und wichtigste Zimmer im ganzen Haus wählte Ganster zur Schalung das Holz der Weißtanne. Es zeichnet sich durch feine Maserung, wenige Äste und dichte Jahresringe aus. Die Weißtanne verändert auch ihre Farbe mit den Jahren nicht so stark wie andere Nadelhölzer, was einen homogenen, ruhigen Raumeindruck garantiert.
Was übrigblieb, verarbeitete Ganster selbst zum Esstisch und einer langen Bank, die gegenüber der freistehenden, schwarz verkleideten Küche zum Bleiben einladen. Hinter der Sitzbank öffnet sich nach Osten hin ein langgezogenes, schmales Fenster. Das Haus nicht großflächig zur Morgensonne hin zu öffnen, war eine Vorsichtsmaßnahme für den Fall, dass am Nachbargrund doch einmal gebaut werden sollte.
Alle Etagen durchziehen beheizte, versiegelte Betonböden. „Das war immer schon mein Traum“, erzählt Ganster, der zuvor in einem schwer heizbaren, älteren Haus gelebt hatte. Später will er auf dem begrünten Dach noch Solarpaneele installieren, um wenigstens einen Teil des Stroms für die Wärmepumpe selbst zu erzeugen.
Die Liebe zu hochwertigen Oberflächen zeigt sich auch im Bad in der mittleren Etage. „Ich habe die Wand selbst geschliffen und mit Wasserglas lasiert“, erzählt Ganster. Wasserglas, ein Material, das im 19. Jahrhundert entwickelt wurde, schließt die Poren des Betons. Im Arbeitszimmer warten bearbeitete Holzstücke auf die Verarbeitung zu einer Brotlade. Ganster ist Hobbytischler aus Leidenschaft, der das Handwerk an der HTL in Hallstatt gelernt hat. Vieles im Haus hat er eigenhändig gebaut.
Ob er in seinem Haus etwas anders machen würde, könnte er noch einmal beginnen? „Die Küche würde ich größer machen“, gibt Ganster zu. Und die Verschalung der Außenwände mit Lärchenbrettern würde er senkrecht anbringen statt waagrecht, könnte er noch einmal entscheiden. Aber das sind Kleinigkeiten, die das Wohngefühl nicht beeinträchtigen.
Warum wir über sein Haus überhaupt berichten wollten, fragt Ganster am Schluss des Gesprächs bescheiden, es sei doch so einfach, so unspektakulär. Genau diese Eigenschaften aber machen den Bau interessant und Ganster deutet indirekt an, dass ihm das klar ist: „Es ist ein Luxus, so leben zu dürfen, dessen bin ich mir bewusst.“