Es gibt sie sehr wohl noch: die amerikanischen Phänomene, die sich aus europäischer Sicht schwer nachvollziehen lassen. Kristin Gore, Tochter des einstigen US-Vizepräsidenten Al Gore, und Ehemann Damian Kulash blicken in ihrem Regiedebüt auf unscheinbare Kuscheltiere zurück, die in den Neunzigern einen regelrechten Hype auslösten: die Beanie Babies. Das Alleinstellungsmerkmal der Miniviecher war ihr mit Plastik gefüllter Kern (die namensgebende „Bohne“), der der konventionellen Stofffüllung der Marktkonkurrenz den Kampf ansagte. Da die Stückzahl als begrenzt galt (ein ausgeklügelter Marketingcoup, wie man später feststellte), stieg die Produktnachfrage schnell ins Unermessliche. Man schuf ein wahres Mekka für Sammler, die anfingen, ihre stolz erworbenen Tierchen für deftige Preise im Netz zu verticken. Nicht umsonst wird den „Beanies“ nachgesagt, einen der allerersten Internettrends ins Rollen gebracht zu haben. Doch Trends währen bekanntlich nicht für ewig, auch diese sorgfältig aufgepumpte Blase des Erfolgs musste früher oder später platzen.
Der Film „The Beanie Bubble“ hat sich zur Aufgabe gemacht, diese unorthodoxe Erfolgsgeschichte in ein filmisches Stück Unterhaltung zu verpacken. Dass es hinter den Kulissen weit weniger lustig zugegangen ist, als es das niedliche Verkaufsprodukt suggeriert, daraus wird trotz gewisser Freiheiten im Plot kein Hehl gemacht. Denn auch wenn die Story aus mehreren Perspektiven geschildert wird, verbindet all diese ein Mann mit Hang zum Größenwahn: Spielzeugentrepreneur und Milliardär Ty Warner (dargestellt von einem ungewohnt ernsten Zach Galifianakis). Warner wird als großer Verfechter uramerikanischer Werte inszeniert: internationale Verkaufsstellen seien für ihn undenkbar, er möchte den amerikanischen Markt mit einem amerikanischen Produkt stärken. Da wird dann in Vorstandssitzungen euphorisch auf die Vorlieben des „kleinen Mannes“ verwiesen – paradoxerweise, während man selbst im Luxusanwesen verweilt. Nein, dieses Produktbiopic stilisiert seinen Schöpfer gewiss nicht zum Messias hoch – und das ist auch gut so. Es sind die Frauen um ihn herum, die zu den Heldinnen der Geschichte avancieren. Frauen, deren Verkaufstalent und erfinderischer Geiste sich Warner zunutze machte, um seine Schöpfung zu pushen. Heute ist sein reales Ebenbild wegen Steuerhinterziehung sogar vorbestraft.
Mit der Verteufelung des Mannes tut sich der Film jedenfalls einen Gefallen. Die falschen Versprechen des amerikanischen Traums werden schonungslos zu Grabe getragen. Mit seiner sprunghaften Erzählweise dafür aber weniger. Beliebig wird zwischen Zeitebenen gewechselt, ein richtiger Erzählfluss ergibt sich nur selten. Zumal die klischeebeladene Dramaturgie wenig neue Erkenntnisse liefert. Der eigentlich zutiefst antifeministische Girlboss-Feminismus kann aus kapitalismuskritischer Sicht hinterfragt werden. Trotzdem muss gesagt werden, dass es die Frauen sind, die „The Beanie Bubble“, mit all seinen Makeln, zusammenhalten. Mit starken Darbietungen holen Elizabeth Banks und „Succession“-Star Sarah Snook mehr aus dem Material heraus, als dieses herzugeben vermag. Wenn doch der Rest des Films da nur mithalten könnte! Na ja, kurzweilig ist dieser plüscharme Nostalgietrip zumindest.
Bewertung: ★ ★ ★ ☆ ☆ (3/5)
"The Beanie Bubble" ist auf Apple TV+ zu sehen.