­Memoiren kann man ihre Nostalgie nicht vorwerfen. Der Journalist J. R. Moehringer gewann im Jahr 2000 einen Pulitzer-Preis und schreibt gerade die Autobiographie von Prinz Harry. Seine eigenen Memoiren mit dem Titel „The Tender Bar“ (Amazon Prime) hat nun George Clooney nach einem Drehbuch von William Monahan („The Departed“) verfilmt. Der Film gibt sich voll und ganz dem warmen Glanz der Kindheits- und Jugend-Erinnerungen im New Yorker Umland der 70er und 80er Jahre hin, vom Volksschulalter über die Studienzeit in Yale bis zum ersten Job. Es ist die erfreuliche Aufsteigergeschichte eines proletarischen jungen Mannes mit allzu viel Selbstzweifeln. Damit ist “The Tender Bar” eine Art positive Variante der pessimistisch-politischen „Hillbilly Elegy“ von J. D. Vance. 

Die titelgebende Bar ist der „Dickens“-Bub von J.R.s Onkel, verkörpert vom Golden-Globe-nominierten Ben Affleck in sympathischer Höchstform. Der gibt seinem Neffen permanent gute Ratschläge, unter anderem, wie er mit dem abwesenden Vater und seiner alleinerziehenden Mutter umgehen soll. „Male Science“ nennt das der belesene Ersatzvater und ist in seinen Lebensweisheiten trotzdem nicht besonders machohaft. Die Geschichte ist eine Hommage an ihn und fast können wir Papa Clooneys Ideal darin wiedererkennen. Die Mutter (überzeugend: Lily Rabe) ist im Film unterrepräsentiert. Das mag an der weniger prominenten Besetzung liegen, ist aber schade. Dafür hat Christopher Lloyd einige Auftritte als griesgrämig-netter Großvater.

Regisseur Clooney erzählt dieses leichte, optimistische Coming-of-Age-Melodrama recht konventionell, mit einfallslosem Voice-Over, aber einigen herzerwärmend-ehrlichen Momenten. Das ist 104 Filmminuten lang alles andere als unangenehm. Wirklich überraschend oder packend ist es aber nicht. Nur zärtlich-nett.

"The Tender Bar" auf Amazon Prime


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