Vom Vorab-Selbstlob der „Starmania“ über die Frohbotschaft für Skisport-Fans bis zur Erleichterung von Freunden der holden Kunst: So viel „Wrabetz im Bild“ zur besten Quotenzeit kurz nach 19.30 Uhr war noch nie. Zumindest nicht seit 2016, als der Generaldirektor des ORF zuletzt neu gewählt wurde. Mit dem ab 2006 immer gleichen Ergebnis „Hier kommt Alex“ und der immer gleichen Ouvertüre: Im Gegensatz zum düsteren Clockwork-Orange-Song der Toten Hosen verkündet Alexander Wrabetz nur gute Nachrichten – von künftigen Weltcup-Spektakeln bis zum heurigen Kultursommer. Dass die aktuelle Fußball-Europameisterschaft bis zumindest 2032 die letzte live im ORF sein wird, böte zwar Gelegenheit für ein „Sag‘ zum Abschied leise Servus“, findet in diesem Repertoire aber keinen Platz.

Sehr wohl ins Bild gerät jedoch die für den ORF-Chef mitentscheidende Politik: Erst Sebastian Kurz in einer „ZiB Spezial“ am Hauptabend ohne erkennbaren Anlass für ein überlanges zuvorkommendes Kanzler-Interview. Dann eine wachsende Landeshauptleute-Inflation in jenen „Bundesland heute“-Sendungen, die schon in Normalzeiten nicht mit bewegten Bildern ihrer regionalen Chefpolitiker geizen. Schließlich Norbert Steger Sonntagmittag über die Zukunft der FPÖ im Quotenzwerg „Hohes Haus“ – aber zu Top-Sendezeiten angekündigt und nachberichtet. Denn der einstige Vizekanzler ist Vorsitzender des Stiftungsrates, der am 10. August den ORF-General 2022–2026 wählt.

Dabei geht es nicht nur um Rückenwind für den amtierenden Chef des Hauses sondern bereits sein weiteres Personalpaket. Am 16. September ist die Wahl des Direktoriums: das Team in Wien und die Leiter der neun Regionalfilialen. Da schadet es nicht, die mit einem Anhörungsrecht für diese Posten ausgestatteten Landeshauptleute vorab gut ins Licht zu setzen. Die Stiftungsräte der Länder haben soeben ein Paket der föderalen Begehrlichkeiten an Sendungen und Selbstständigkeit präsentiert.

Letztlich lähmt diese Selbstbeschäftigung den ORF alle fünf Jahre nahezu ein Jahr. Von der Werbe-Tour für die Neubestellung bis zur Einarbeitung der dann veränderten Teams. Michael Häupls Sager vom „Wahlkampf als Zeit der fokussierten Unvernunft“ passt zur öffentlich-rechtlichen Trutzburg auf dem Küniglberg mindestens so gut wie in die politische Arena. Dieses Ritual wird sich kaum verändern lassen. Doch die Anstandsregeln des Unternehmens brauchen eine Erweiterung um Auftrittsverbote in hauseigenen Sendungen – für Kandidaten und Entscheider zumindest 100 Tage vor einer ORF-Wahl.

Peter Plaiknerist Politikanalyst und Medienberater mit Standorten in Tirol, Wien und Kärnten.