Die Media-Analyse (MA) ist seit 1965 eine Art Zeugnisverteilung für Zeitungsmacher. Denn sie erforscht mit hohem Aufwand, wie viele Leser ein Blatt hat. Bei der „Kleinen Zeitung“ sind es mehr als zehn Prozent aller Österreicher über 14 Jahren: täglich 772.000. Dadurch ist sie in der Steiermark und in Kärnten mit großem Abstand das publikumsreichste Printmedium. Genau in Letzterem liegt aber auch das Problem der zwei Millionen Euro teuren MA mit 15.000 Befragten: Es gibt kaum noch ein Medium nur auf Papier. Deshalb berücksichtigt diese Marktforschung auch die E-Paper – aber nicht die sonstigen Online-Auftritte der teilnehmenden Titel.

Das überfordert zum Teil die Befragten und ergibt trotz enormer Fallzahl auch unglaubwürdige Werte. Denn wer die derart erforschte Reichweite durch die täglich verbreitete Auflage dividiert, erhält z. B. bei einem angesehenen Wiener Tagblatt fast acht Leser pro Exemplar. Das ist nicht plausibel. Bei der „Kleinen Zeitung“ beträgt dieser Quotient 2,6. Er ist nachvollziehbar bei einem Auflagenanteil von 90 Prozent Abos – größtenteils in Mehr-Personen-Haushalten.

Diese gedruckten Exemplare bilden den Löwenanteil fast aller Zeitungen. Ihre Marken werden durch Digitalisierung jedoch größer. Die Wirkung der Online-Auftritte erforscht aber nicht die Media- sondern die Web-Analyse. Bei der letzten entsprechenden Messung Ende 2019 verzeichnete die „Kleine“ 1,943 Millionen Unique User pro Monat. In Österreich fehlt allerdings die Ausweisung, wie viele Nutzer ein Titel insgesamt hat – unabhängig ob auf Papier oder im Netz.

In der Schweiz existiert eine solche Untersuchung. Ein wichtiges Merkmal dieser „Total Audience“ ist es, Parallelnutzer von Papier- und Online-Ausgabe nicht doppelt zu zählen. So ergibt sich die Netto-Reichweite einer Marke. Dabei verblüfft, wie wenig Print- und Digital-Publikum sich überschneiden. Das ist auch bei der „Kleinen“ der Fall. Neun Zehntel ihrer Zeitungsleser leben in Kärnten und der Steiermark, aber 62 Prozent ihrer Online-Nutzer in anderen Bundesländern.

Die Digitalisierung sprengt alle Marktgrenzen. „Neue Zürcher“, „Süddeutsche“ und „Standard“ loten schon den gesamten Sprachraum aus. Für Österreich bedeutet das aber auch die Aufhebung regionaler Einschränkungen. Wo es für Papier oft Vertriebshürden gab, entscheidet nun nur noch der Inhalt über landes- oder bundesweites Publikum. Deshalb muss eine Zeugnisverteilung für Medienmarken künftig vor allem die Gesamt-Reichweite all ihrer Auftrittsformen beinhalten.