Wir wollten nicht so wirken, als wenn wir die letzten vier Monate verschlafen hätten“, erklärt der frühere „Report“-Chef RobertWiesner im Gespräch mit der Kleinen Zeitung. Die von ihm gemeinsam mit Gregor Stuhlpfarrer gestaltete Doku „Männer, Mächte und Mensuren“ war zu Jahresbeginn fertig geworden, bis zur Ausstrahlung (Mittwoch, 10.7., ORF 2, 22.30 Uhr) ließ man sich am Küniglberg aber Zeit. Gerüchte, Sendetermine wären mehrfach verschoben worden, hatte der ORF stets vehement dementiert.

Die monatelange Wartezeit sei für kleine Adaptionen genutzt worden, sagt Wiesner. Seit die Doku 2018 konzipiert wurde – im zeitlichen Kontext der Liederbuch-Affäre –, sei der Fokus weitergewandert: „Der Herr Landbauer hat damals wichtiger gewirkt als jetzt“, erklärt Wiesner die Adaptionen. Als „aktueller Dreh“ wurden die Identitären in die Doku integriert. Inhaltliche Einflussnahme von außen verneint Wiesner: „Die Änderungen haben wir in der Redaktion selbstständig gemacht.“

Inhaltlich setzt sich der aufwendig recherchierte Film, der im Rahmen der „Menschen & Mächte“-Reihe ausgestrahlt wird, mit den Traditionen schlagender, deutschnationaler Burschenschafter einerseits und den katholischen Cartellverband-Verbindungen andererseits auseinander. Wo liegen die Gemeinsamkeiten, wo unterscheiden sie sich? Wie einflussreich waren und sind die Bünde in der österreichischen Innenpolitik und wie hat sich der Einfluss durch Anfang und Ende der türkis-blauen Regierung verändert?

Gestalter Robert Wiesner im Gespräch mit Rudolf Golubich, Mitglied der Wiener akademischen Burschenschaft Libertas.
Gestalter Robert Wiesner im Gespräch mit Rudolf Golubich, Mitglied der Wiener akademischen Burschenschaft Libertas. © (c) ORF

Die Dokumentation versucht eine umfassende Darstellung, zeigt Buden und Verbindungsheime, befragt Korporierte zu den Themen Nation und Antisemitismus und rollt mit den Historikern BernhardWeidinger und Michael Gehler die Geschichte der Verbindungen auf. Auch die Burschenschaftervergangenheit von Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache wird aufgerollt. In Bezug auf den Cartellverband beschreibt Wiesners Film einen abnehmenden Einfluss des Männerbundes in der Volkspartei. „Die Junge ÖVP ist jetzt das bedeutendere Netzwerk als der CV“, umreißt die ehemalige ÖVP-Ministerin SophieKarmasin die Entwicklung.