Die Gala war gelungen - und wie immer voll politischer Ansagen. Die 30. Romy-Verleihung am Samstag in Wien wurde nicht nur von Preisträger Armin Wolf für medienpolitische Schelte genutzt. Der "Zeit im Bild 2"-Moderator, Publikumsliebling in der Kategorie Information, hat 2018 mit einem Interview mit dem russischen Präsidenten Vladimir Putin für Aufsehen gesorgt. Bei der Romy-Gala nannte er nun Putin sowie den FPÖ-Obmann und Vizekanzler Heinz-Christian Strache ("Er hat letztes Jahr auf Facebook sehr viel Werbung für mich gemacht") seine "Wahlhelfer". Und er appellierte an die ORF-Gebührenzahler: "Bitte bezahlen Sie weiter, solange man Sie noch lässt. Wenn man Sie nämlich nicht mehr lässt, dann haben wir einen Staatsfunk."

Der ORF möge "aufrecht, selbstbewusst und unabhängig" agieren, wünschte sich Wolf. Und er solle "schmissige Dokumentationen und scharfe Satire" nicht nur produzieren, "sondern auch senden, ohne Piep", spielte er auf die jüngste Aufregung um eine "maschek"-Ausgabe in "Willkommen Österreich" und auf eine noch nicht gesendete Burschenschafter-Dokumentation an.

"Zu Tode gefürchtet ist auch tot", sagte der Moderator in der vom ORF live übertragenen Gala in Richtung des anwesenden ORF-Generaldirektors Alexander Wrabetz. Ebenfalls im Saal war Medienminister Gernot Blümel (ÖVP), und er bekam vom Anchorman zu hören: "Von der Politik würde ich mir ein neues ORF-Gesetz wünschen, das den ORF nicht erpressbarer macht." Vielmehr brauche der Öffentlich-rechtliche "mehr Unabhängigkeit. Das würde von der Politik einen Verzicht auf Einfluss verlangen. Ich weiß, das wäre schwierig, aber das wäre wirklich neuer Stil."

Eröffnet wurde die Jubiläumsgala überraschend von Herbert Prohaska, der die Romy-Moderation aber schnell an Mirjam Weichselbraun übergab, da sonst der Abend in der Hofburg wohl vier Stunden gedauert hätte. Über die erste Statuette der 30. Gala durfte sich Marie Bäumer freuen – für ihre Leistung in „3 Tage in Quiberon“ aus dem Leben von Romy Schneider (Beliebteste Schauspielerin Kino/TV-Film). „Sie spielt nicht nur die Romy, sie ist die Romy“, hieß es in der Laudatio. Dabei hatte sich die 49-Jährige vor dem Dreh gedacht: „Kompletter Irrsinn“, wie sie in ihrer Dankesrede gestand.

Gerührt: Marie Bäumer als Romy und mit der Romy
Gerührt: Marie Bäumer als Romy und mit der Romy © APA/HANS PUNZ

Als beliebtester Schauspieler (TV-Serie oder TV-Reihe) durfte Philipp „Jedermann“ Hochmair einmal mehr „crazy“ auf der Bühne sein. Er war für die "Vorstadtweiber" und "Blind ermittelt" nominiert gewesen. In der Kategorie Kino- oder TV-Film siegte als Schauspieler Thomas Stipsits (u. a. Stadtkomödie „Geschenkt“). Proschat Madani gewann bei den TV-Serien ("Walking on Sunshine"). Erstmals gab es heuer eine Sportkategorie. Alina Zellhofer durfte sich über Gold freuen. In der Kategorie Show & Unterhaltung wurde Horst Lichter vom Publikum ausgezeichnet, der aber nicht angereist war.

Auch zwei Platin-Romys wurden gestern verliehen: Eine wurde Erika Pluhar überreicht. „Ich freue mich sehr über die Auszeichnung für mein Lebenswerk. Und ich freue mich sehr, über die Wertschätzung des österreichischen Publikums. Es ist es ja, das man mit seiner Kunst erreichen will“, erklärte die 80-jährige. Und nutzte die Gelegenheit, heftige Kritik an der Regierung zu üben: "Nirgendwo ging und geht es Menschen so gut wie bei uns", so Pluhar. Trotzdem "gelingt es unserer derzeitigen Regierung" und anderen Akteuren, "mit Werten, die ständig zitiert und gleichzeitig verraten werden", sich einer "menschenverachtenden Gesinnung wieder zuzuneigen und damit Erfolg zu haben. Weil man den Menschen Angst macht. Sie glauben lässt, es ginge ihnen immer schlechter. Sie verlören durch Migration und Fremdes, das auf sie einwirkt, den Boden unter den Füßen." Ein Abend wie die Romy-Gala, der Kunst und Kreativität feiere, sollte auch den "Widerstand gegen Fälschung und Irrweg" hochleben lassen und jene vernetzen, die für "Anstand, Vernunft, Empathie und Offenheit" stünden. 

Mit einer weiteren Platin-Statuette wurde Film- und TV-Produzent Jan Mojto (u. a. „Babylon Berlin“, "Werk ohne Autor") geehrt, für den Opernstar Elina Garanca die Laudatio hielt. Auch Mojto erinnerte in seiner Rede an seine Flüchtlingsbiografie. Er war aus der Tschechoslowakei emigriert. "Heimatlos, mittellos, sprachlos" sei er damals gewesen. "Ähnliche Menschen klopfen heute an die Tore Europas. Und wer weiß, vielleicht sind da zukünftige Romy-Preisträger." 

Eine Sonder-Auszeichnung ging an die fulminante achtteilige Miniserie „Das Boot“ vom österreichischen Regisseur Andreas Prochaska (Sky), die heuer noch vom ZDF übernommen wird. Sky dreht derzeit die Fortsetzung. Die Moderation von Mirjam Weichselbraun übernahmen ab 22.30 Uhr Andi Knoll und Katharina Strasser - wie schon beim Opernball musste sich die schwangere Mirjam zu später Stunde von ihrem Arbeitsplatz zurückziehen.

Traditionell schon im Vorfeld wurden die Romy-Akademiepreise verliehen. Freuen durften sich insbesondere die Macher der Sky-Thrillerserie „Der Pass“ (zwei Preise) und des Kinofilms „Der Junge muss an die frische Luft“ (drei Preise) über die Kindheit von Hape Kerkeling. Die beste TV-Doku war Reinhold Messners „Mount Everest“, den Preis für die beste Kino-Doku ging an Barbara Millers „#Female Pleasure“. Als bester Kinofilm ausgezeichnet wurde wiederum die im Kino hocherfolgreiche Sexkomödie „Love Machine“ mit Thomas Stipsits. Das ORF-Format "Kurier des Kaisers" wurde ebenfalls ausgezeichnet.

"Durchgeknallter Kinderkanzler"

Dank Jan Böhmermann hat die diesjährige Romy-Verleihung zudem einen kleinen Aufreger. Für seine Showidee „Lass dich überwachen“ erhielt er einen Akademie-Romy und meldete sich mit „Hallo Ostmark“ per rüder Videobotschaft zu Wort: Er freue sich, dass er nun nicht nur sieben Jahre mehr Lebenserfahrung habe als der „durchgeknallte österreichische Kinderkanzler“, sondern auch noch „zwei Romys mehr“. Diese Videobotschaft kommentierte Filmproduzent Dieter Pochlatko (zwei Romys – für „Das Wunder von Wörgl“ und „Der Pass“) so: „Es klang schon etwas weinselig und ist nicht unbedingt die feine Art!“

Rückblick

Die in den Anfangsjahren wenig glamourösen „Zeugnisverteilungen“ aka Romy-Galas waren regelmäßig für Geschichten gut: 1998 erhielt Opernlegende Marcel Prawy die Romy für sein Lebenswerk in einem Plastiksackerl, 1995 erging eine hölzerne Romy an „Rex“ Reginald von Ravenhorst, 2006 wurde Moritz Bleibtreu handgreiflich, nachdem ihm der Preis entwendet wurde, und 2015 wollte Dieter Hallervorden die Romy mit einem „heim ins Reich“ holen.

Schauplatzwechsel: Das Duell an der Romy-Spitze bleibt 2019 unentschieden. Sowohl ArminAssinger als auch Tobias Moretti stehen ex aequo bei acht Romys. Eine neunte konnte nicht dazu kommen: Keiner der beiden war heuer nominiert.