Sylvia Ofner plaudert offen aus ihrem Nähkästchen. Und was da herauskommt, bildet sich in einem sehenswerten „Salon der Mythen“ mit aktuellen wie geschichtsträchtigen textilen Werken ab.
Obwohl die ehemalige Kunsterzieherin der Pädagogischen Hochschule Klagenfurt mit Nähen aufgewachsen ist, da ihre Mutter in der Nachkriegszeit selbst ihre Kleider angefertigt hatte, griff sie künstlerisch erst sehr spät zu Nadel und Faden. Seit 2004 arbeitet Ofner, beeinflusst durch die französische Künstlerin Louise Bourgeois, mit Textilien, die sie in den Kleiderkästen findet: „Vor mir ist nichts sicher.“
Hellgraue Zierpölster mussten diesmal ihr Dasein als Kuschelobjekt opfern, um zum Herzstück des „Salon der Mythen“ im Kraigher Haus zu „wachsen“: Sie wurden zu Gilgamesch, dem König der Summerer in Mesopotamien. Als ältestes bekanntes literarisches Epos der Weltgeschichte mit der Entstehungszeit zwischen 2100 und 1600 v. Chr., markiert die Erzählung rund um den vergöttlichten Herrscher auch den Übergang vom Mythos zur Geschichte und weist Parallelen zum Alten Testament auf – etwa die Schilderung der Sintflut. Die Frage, wo unsere Kultur herkommt, beschäftigt die Klagenfurterin schon lange und verleiht den Bezügen zwischen Mesopotamien, Ägypten, Griechenland sowie dem Judentum und dem Christentum einen illustren, vielgestaltigen Ausdruck.
Mischwesen, Europa und Feminismus
Ein Kentaur, das griechische Mischwesen aus Pferdekörper und Menschenkopf, blickt dabei in rotem Plüsch gehalten auf eine Medusa, hinter der ein aus einer Wollstrumpfhose bestehendes Mischwesen an der Wand hängt.
Aber auch zeitgenössische Mythen wie ein geeintes Europa ist hier in Form von Stickbildern thematisiert. Ein feministisches Statement gibt Sylvia Ofner durch den mitunter augenzwinkernden Einsatz von Krawatten in verschiedenen Werken – ein demonstratives Spiel mit Macht und Männlichkeit.
Tina Perisutti