Hacklerregelung für Andrés Orozco-Estrada! Der 42-Jährige, der im Herbst das Chefpult bei den Wiener Symphonikern von Philippe Jordan übernimmt, stemmt bei der styriarte gleich zwölf Konzerte. Drei Mal direkt hintereinander führte er diesen Freitag und Samstag in der List-Halle durch die „Pastorale.Soap“, am kommenden Freitag und Samstag folgt coronabedingt der selbe Aufwand bei „Don Giovanni in Nöten“.

Der seit 1997 in Wien lebende Kolumbianer ist ein begnadeter Motivationskünstler – für die Musiker wie für das Publikum. Das zeigte der Feuerkopf einmal mehr bei Beethovens 6. Symphonie, in der die Zuhörer den 3. Satz beim „Lustigen Zusammensein der Landleute“ durch Stampfen, Pfeifen und Jauchzen bis zur Kirchtagsstimmung mit aufheizen durften. „Als Art Befreiungstherapie, denn nur zehn Minuten Musik – und man ist ganz woanders“, wie der Dirigent als charmanter Conférencier sagte; ihm waren nach dem langen Lockdown Lust und Laune am Auftritt ebenso anzumerken wie dem styriarte Festspiel-Orchester.

Das bot in kleinstmöglicher Besetzung mit 40 Leuten und in breitestmöglicher Aufsetzung einen faszinierend transparenten Klang, sodass man in dieser sommerfrischen „Erinnerung an das Landleben“, wie Ludwig van Beethoven sein Werk aus 1808 sehen wollte, jede Stimme wie im Fächer der Spektralfarben mitverfolgen konnte. Den sonst so pastosen Duktus der Beethoven-Symphonie tauschten der Maestro und die Instrumentalisten zugunsten einer luftig federnden Interpretation.

Bach und Fluss, Blitz und Donner, Jäger und Bauern, Kuckuck und Nachtigall...: Auch wenn sich Jahresregent Beethoven gegen das Etikett „Programmmusik“ oder „Tonmalerei“ sträubte, die „Pastorale“ geriet ihm doch zu einem herrlichen „Universum für die Ohren“, das Orozco-Estrada und die Seinen leidenschaftlich durchmaßen.