Thomas Wrenger, seit 2013 Diözesankantor, ist im Zweitberuf Entdecker – von musikalischen Raritäten nämlich, die der 58-jährige Essener mit der Evangelischen Kantorei der Heilandskirche regelmäßig erarbeitet. Darunter fällt auch Carl Loewes Passionsoratorium „Das Sühnopfer des neuen Bundes“, das am Samstag (30. März) das erste Mal in der Steiermark erklingt.
Loewe, dessen 150. Todestag im April naht, wurde vor allem durch sein reiches Liedschaffen und seine Balladen wie „Erlkönig“ (nach Goethe) berühmt und daher nicht zufällig als „norddeutscher Schubert“ apostrophiert. Im selben Jahr wie der Wiener geboren, war er 46 Jahre lang als Kirchen- und Schulmusiker in Stettin im heutigen Polen tätig.
17 Oratorien schrieb Loewe, 1847 das dreiteilige „Sühnopfer“, für das Wilhelm Telschow, von Brotberuf übrigens Buchhalter, Passionstexte aller vier Evangelien klitterte und sich Beifügungen erlaubte. In ihm wird nicht nur die Leidensgeschichte Jesu beleuchtet, sondern auch die ihn umgebenden Personen wie Maria Magdalena oder Joseph von Arimathia In den üblichen Formen Rezitativ, Arioso, Arie, Chor und Choral beweist Loewe mit dramatischen Stimmungen und bildhaften Tonmalereien Stilpluralität und markante Handschrift, auch wenn trotz fehlenden Erzählers immer das große Vorbild Bach durchschimmert.
„Biedermeier pur“, fasst Thomas Wrenger den hochromantischen Duktus des Oratoriums zusammen, das im Original für Streichquartett, Orgel, Chor und Solisten komponiert war und nach Loewes Tod bis 1894 als verschollen.
Biographie
Johann Gottfried Carl Loewe wurde 1796 in Löbejün/Sachsen als zwölftes Kind eines Kantors und Schulmeisters geboren. Er wuchs in der heutigen Saalkreis-Stadt auf, lernte zwei Jahre in Köthen und in den Franckeschen Stiftungen Halle.
Im benachbarten Giebichenstein lernte er Johann Friedrich Reichardt kennen, der ihn für die damals blühende Kunst der Balladendichtung und -komposition zu begeistern wusste. Schon um 1816/17, also mit etwa 20 Jahren, trat Loewe mit der Vertonung von Goethes "Erlkönig" an die Öffentlichkeit.
Loewe studierte in Halle Theologie und wurde 1820 in Stettin Organist, später war er dort noch Lehrer und städtischer Musikdirektor bis 1866. Seine erste Frau starb bereits nach eineinhalbjähriger Ehe nach der Geburt eines Sohnes. Insgesamt hatte der häusliche Familienvater fünf Kinder. Im Jahre 1869 starb Carl Loewe in Kiel, wo er bei seiner ältesten Tochter seine letzten Lebensjahre verbracht hatte.
Insgesamt vertonte der Komponist 400 Balladen, Lieder und Gesänge. Sein Werk umfasst weiterhin 17 Oratorien, 6 Opern, 2 Symphonien, Sonaten und anderes.