Die Mutter? Geigerin in Glyndebourne. Der Vater? Bariton im Chor des Royal Opera House Covent Garden. Der Bruder? Sänger. Und die Tochter? Natürlich auch Musikerin? Nein, so selbstverständlich war das nicht bei Louise Alder. Zwar lernte sie als Schülerin in London Violine und Oboe, übte Stepptanz, liebte Musicals, spielte Theater in Edinburgh, sang ein bisschen. Aber den Weg zur Profikarriere, zum klassischen Gesang schlug sie erst mit 20 ein.

Heute ist die Britin froh, eine Spätstarterin gewesen zu sein, mit einer gewissen Reife und der gewissenhaften Ausbildung am Royal College of Music in London und auch mit einem Quäntchen Glück. Denn sie wurde 2013 bei den begehrten Kathleen Ferrier Awards in London zwar „nur“ Zweite, aber da saß einer im Publikum mit feinem Händchen (und Öhrchen) für Talente: Intendant Bernd Loebe lud sie zum Vorsingen ein, und so ist Alder seit nunmehr fünf Saisonen im Ensemble der Oper Frankfurt. Das Haus und die Metropole am Rhein, wo sie mit ihrem Freund, einem Hornisten, lebt, nennt sie inzwischen „my Heimat“.

Diese verlässt die sehr gut Deutsch sprechende Sopranistin zwischendurch freilich gern für andere bedeutende Bühnen. An den Stammhäusern ihrer Eltern ist Alder regelmäßig zu Gast, wurde schon an der Bayerischen Staatsoper in München gefeiert oder am Teatro Réal in Madrid. Und der Blick auf ihren Terminkalender zeigt: Die charmante Künstlerin mit dem Silberstrahl in der Stimme, die 2017 bei den International Opera Awards als Young Singer of the Year und bei der BBC Cardiff Singer of the World Competition mit dem Publikumspreis geehrt wurde, ist gefragter denn je. Gerade hat sie in Salzburg und Hamburg mit Robin Ticciati und dem Chamber Orchestra of Europe ihrem Liebling Mozart gehuldigt. Und Händel, ein weiterer ihrer Favoriten, steht derzeit sowohl unter Constantinos Carydis in Frankfurt auf dem Programm (Romilda in „Xerxes“) als auch im Frühjahr bei einer Europatournee mit dem großen John Eliot Gardiner (Titelrolle in „Semele“).



Nun nimmt die 32-Jährige auch ihre Aufgaben beim Musikverein wahr. Nach ihrem erfolgreichen Debüt bei der „Gala des Liedes“ im Jubiläumsjahr 2015 kehrt die Britin zunächst am Dienstag (5. Februar)  mit einem Liederabend nach Graz zurück und wird am 29. und 30. April mit den Grazer Philharmonikern unter Gabriel Feltz ausgewählte Orchesterlieder von Richard Strauss zelebrieren.

Welche Tipps der Young Artist in Residence des Musikvereins noch weit „younger artists“ gibt, verriet Louise Alder der „Financial Times“: „Verliebt euch, lernt Sprachen, entdeckt andere Länder! Karriere in unserem Fach kann man nicht machen, ohne dass man weiß, wie es ist, sich durchkämpfen oder jemanden loslassen zu müssen.“