Die Espresso Bar Florida in Wien Ottakring wirkt wie aus der Zeit gefallen: Musikbox, rote Gspritzte, Fliesenboden und Rauchdunst. Dieser Ort zeugt von einer Zeit, als es noch stetig aufwärtsging und die politischen Lager klar zuordenbar waren. Kellnerin Gitti setzt sich im Dokumentarfilm „Inland“ zu den Stammgästen und erzählt, dass sie als Kommunistin sozialisiert wurde und nun überlegt, die ÖVP zu wählen.

Die Filmemacherin Ulli Gladik („Global Shopping Village“) skizziert ein nuanciertes Sittenbild von Österreich und gewährt einen tiefen Blick in die Seelen der Enttäuschten, Unzufriedenen und Besorgten.

Drei Charaktere der unteren Arbeiterschicht Wiens erzählen der gebürtigen Steirerin rund um die Nationalratswahl 2017 ungeschönt, warum sie für die FPÖ sympathisieren, den Eliten misstrauen und sich von der Sozialdemokratie abgewandt haben. Gladik begegnet den Protagonisten auf Augenhöhe, hört ihnen zu und lässt sie jammern, schimpfen und sprechen – die fremdenfeindlichen Aussagen und der Hass, der sie erfüllt, schmerzen streckenweise.


Warum tu ich mir das noch an?“, fragt sich Christian beim Zeitunglesen. „Ich würde mir eine Politik für Österreich wünschen“, sagt er. Und meint damit Österreicher. Alexander, nach einer Haftstrafe im Obdachlosenheim zu Hause, kann sich sogar einen „Bürgeraufstand gegen Ausländer“ vorstellen.
Eines eint die drei: Die Politik bietet ihnen kein Gemeinschaftsgefühl mehr. „Begegnungen jenseits der Spaltung“ – heißt es im Untertitel. Versuch der Blasen-Entfremdung: geglückt. Gleichzeitig zeigt die wichtige Doku beklemmend, wie weit auseinandergedriftet das Land schon ist.

Bewertung: ****