Zum 25. Mal feiert die Diagonale die Vielfalt des heimischen Films in Graz. In einer Aussendung gab das Festival nun erste Details des Programms von 5. bis 10. April sowie den Eröffnungsfilm der Jubiläumsausgabe bekannt: Kurdwin Ayubs Spielfilmdebüt "Sonne" feiert seine Österreich-Premiere auf der temperär größten Leinwand des Landes in der Grazer List-Halle. Die Welturaufführung der Seidl-Produktion findet demnächst bei der Berlinale in der experimentierfreudigen Schiene "Encounters" stattfindet. Erzählt wird darin die Geschichte von drei Teenagerinnen, die im Hijab twerken und einen Popsong singen. Das macht sie unter kurdischen Muslimen und Musliminnen berühmt. "Sonne" sei eine Geschichte von Rebellinnen, ein Film über "Jugendliche zwischen Social Media und Selbstfindung".

"Sonne" sei ein "beispielloser Film seiner Generation, drängend relevant in Form und Inhalt, die ironische Dekonstruktion jedweder Authentizität", schwärmen die Intendanten Sebastian Höglinger und Peter Schernhuber.

"'Sonne' ist ein Lichtblick – möglicherweise eine Zäsur – im (jungen) österreichischen Kino. Ein Spielfilm, der nur wenig mit jenen Filmen zu tun hat, die in den ersten 25 Jahren der Diagonale in Graz zu sehen waren. 'Sonne' ist ein Kind seiner Zeit und bringt die Ästhetik einer Gegenwart, in der dem Kino längst etwas Nostalgisches anhaftet, auf die Leinwand: Das Hochformat des Smartphones und die schnellen Schnitte flüchtiger Social-Media-Storys schreiben sich in Ayubs selbstbewusst inszenierte Kinobildwelt ein", erklären die Diagonale-Chefs. Und: Für bestehende Fans von Kurdwin Ayub ist 'Sonne' wohl ein erstes Best-of, für Neugierige die Einladung, eine neue Handschrift im österreichischen Film kennenzulernen, für ihre Kritiker*innen die notwendige nächste Provokation – und für die Diagonale der beste Eröffnungsfilm, um nach 25 Jahren Diagonale in Graz in die Zukunft zu blicken", erklären Sebastian Höglinger und Peter Schernhuber. Für sie selbst ist es ihre vorletzte Diagonale als Leitungsteam.

Kurdwin Ayub
Kurdwin Ayub © Elsa Okazi

Ayub, deren Dokumentarfilm "Paradies! Paradies!" 2016 mit dem Preis für die beste Bildgestaltung ausgezeichnet wurde, ist mit ihren Werken ein Stammgast beim Festival in Graz. Zuletzt waren dort ihre Kurzfilme "Boomerang" (2018) sowie "LOLOLOL" (2020) zu sehen. Die 32-Jährige  wurde 1990 im Irak geboren und lebt und arbeitet als Regisseurin und Drehbuchautorin in Wien. Von 2008 bis 2013 studierte sie Malerei und experimentellen Animationsfilm an der Universität für angewandte Kunst sowie performative Kunst an der Akademie der bildenden Künste, beides in Wien.

Erste Galapremiere

Einen Tag später kommt die List-Halle nach dem Vorjahr erneut für einen zweiten Abend zum Einsatz: für die erste Galapremiere der Geschichte. Zu sehen ist Ulrich Seidls neuer Film "Rimini" über einen abgehalfterten Schlagerstar, der davor ebenso seine Welturaufführung im Wettbewerb der Berlinale feiern wird. „Seidls neues Opus magnum ist von tiefer Romantik, ja Traurigkeit. Mag die Oberfläche auch noch so dreckig und pervers sein: Kaum war ein Film der Pathospraxis des Lebens so nah. Gerahmt vom letzten Kinoauftritt Hans-Michael Rehbergs, brilliert Michael Thomas als Sohn, Vater, Mann. Sein Leiden ist so echt und falsch wie seine Liebe. Sein Singen das einsame Selbstgespräch eines Losers", heißt es im Begleittext der Berlinale. "Rimini" ist damit ebenfalls erstmals in Österreich in Graz zu sehen, bevor er ab 8. April in die heimischen Kinos kommt.

"Rimini" von Ulrich Seidl
"Rimini" von Ulrich Seidl © Ulrich Seidl Filmproduktion

Für den Wettbewerb darf ein starkes Spielfilmjahr erwartet werden. 110 Filme rittern im April in Graz um Diagonale-Preise. Und einer der Filmemacher, der die Diagonale 1998 mit Christina Dollhofer nach Graz brachte und leitet, stellt ebenso seinen neuen Film vor: Constantin Wulff. Der Dokumentarfilm "Für die Vielen - Die Abeiterkammer Wien" begleite und beobachte unaufgeregt "die Wechselwirkung zwischen Institution und Gesellschaft."

Filmemacher-Duo im Fokus

Die Reihe "Zur Person" steht 2022 im Zeichen des Filmemacher-Duos Tizza Covi und Rainer Frimmel, deren betörender Dokumentarfilm "Aufzeichnungen aus der Unterwelt" im Vorjahr mit dem Großen Diagonale-Preis Dokumentarfilm und damit zum insgesamt bereits vierten Mal in einer Hauptkategorie des Festivals ausgezeichnet wurde - nämlich für "Babooska" (2005), "La Pivellina" (2009) sowie "Der Glanz des Tages" (2021). Weniger bekannt ist das fotografische OEuvre, das nicht nur als Vorstudie zu ihren Filmen gesehen werden muss, sondern eigenständigen Betrachtungsweisen und künstlerischen Konzepten folgt. Das gemeinsame Programm von Diagonale und Camera Austria markiert ihre erste umfassendere Werkschau. Die Fotoausstellung wird am 18. März um 18 Uhr eröffnet und ist bis 22. Mai 2022 in der Camera Austria zu sehen.

Tizza Covi und Rainer Frimmel
Tizza Covi und Rainer Frimmel © AP

Das Festival hat pandemiebedingt schwierige Jahre hinter sich. 2020 wurde die Diagonale kurz vor dem ersten Lockdown abgesagt, 2021 wich man auf den Juni aus, um ein Festival in Präsenz zu ermöglichen. 2022 plant man eine Präsenzveranstaltung in Graz. Das komplette Festivalprogramm ist ab 25. März ab 13 Uhr online abrufbar. Der Ticketverkauf startet am 30. März. Alle Details finden Sie unter www.diagonale.at