Seiner Heimatstadt Florenz ist der Kosmopolit Franco Zeffirelli sein Leben lang treu geblieben. Und die Stadt erwidert seine Liebe. Das Kulturzentrum, das im Juli zu Ehren des Film- und Theaterregisseurs eingeweiht wurde, feiert am 12. Februar den 95. Geburtstag des so unangepassten Meisters der italienischer Opernregie.

Mit der Eröffnung des Kulturzentrums in einem ehemaligen Justizpalast unweit des Rathauses Palazzo Vecchio, in dem Zeffirellis großes Archiv untergebracht wurde, wo Bühnenbilder für Produktionen und Fotografien von Größen der Oper wie Maria Callas zu sehen sind, ist für den Regisseur ein lang gehegter Traum in Erfüllung gegangen. Seit Jahrzehnten hat Zeffirelli den großen Wunsch gehabt, ein Kulturzentrum zu gründen, in dem junge Künstler Inspiration finden können. "Ich hoffe, am Tag meines Geburtstags in Florenz zu sein, um mit Freunden zu feiern. In Florenz hat für mich alles begonnen. Dort habe ich meine erste Oper gesehen. Ich glaube es war im Jahr 1930, ich war sieben Jahr alt", erinnert sich Zeffirelli in einem Interview zurück.

Sein hohes Alter erlebt Zeffirelli mit gemischten Gefühlen. "Die Gedanken an den Tod, die Idee, dass man von einem Augenblick zum anderen nicht mehr auf dieser Erde sein wird, macht Angst und ist anstrengend, vor allem, weil ich den Kopf noch voller Geschichten, Personen, Worte und Bilder meines Lebens habe. Manchmal spreche ich direkt zum Tod. Aber mit der Distanz, die er verdient", sagte Zeffirelli im Gespräch mit der Florentiner Tageszeitung "La Nazione". Das Altern sei nicht schön. "Zu altern ist eine heikle Übung. Man muss lernen, Zeit zu verlieren, sich nicht zu hetzen", meinte der Regisseur. Er habe das Glück, dass sich seine beiden Adoptivsöhne mit viel Liebe um ihn kümmern.

Der Ungehorsame

Schwul, unkonventionell, selbstbewusst: Der impulsive Zeffirelli kann auf ein erfolgreiches Leben zurückblicken. "Ich habe immer schon jene Gedankenfreiheit und Neugierde besessen, die mich zu einem Ungehorsamen gemacht haben", erzählt der Regisseur. Schon von Geburt an ist Zeffirellis Laufbahn einmalig. "Ich bin als kleiner Bastard zur Welt gekommen. Sowohl mein Vater als auch meine Mutter hatten bereits eine Familie, als sie sich kennenlernten. Meine Mutter ist gestorben, als ich sieben Jahre alt war. Sie hat mich sehr geliebt, ihre Liebe hat mein ganzes Leben durchdrungen", so Zeffirelli, der von einer Tante aufgezogen wurde. Er studierte Architektur, leitete eine Studentenbühne, kämpfte ab 1943 als Partisan gegen die deutschen Besatzer. Nur knapp entging er der Erschießung durch die Faschisten.

1946 schloss sich Zeffirelli Viscontis "Morelli-Stoppa"-Gruppe als Schauspieler und Bühnenbildner an. Zusammen mit Salvador Dali entwarf er die Kulissen für Inszenierungen der Shakespeare-Stücke "Wie es euch gefällt" und "Troilus und Cressida". Luchino Visconti, für den er als Assistent arbeitete, zählte zu seinen Freunden. Zeffirelli, der sich offen zu seiner Homosexualität bekannte, führte 1953 erstmals an der Mailänder Scala Regie. Internationales Aufsehen erregte er 1958 mit seiner unorthodoxen Interpretation von Verdis Oper "La Traviata", die er 1983 auch verfilmte.

Shakespeare und Assisi

Den Durchbruch als Theater-Regisseur schaffte Zeffirelli 1960 mit seiner Inszenierung von Shakespeares "Romeo und Julia". Die Filmversion dieser Tragödie wurde 1967 einer seiner größten Kino-Erfolge. 1973 entstand sein Franz-von-Assisi-Film "Bruder Sonne, Schwester Mond", der im Vatikan hitzige Reaktionen auslöste. 1977 filmte er die TV-Serie "Jesus von Nazareth". Zu seinen Erfolgen zählt auch der Film "Der junge Toscanini" (1988) mit Elisabeth Taylor und Philippe Noiret. Die Geschichte seiner Kindheit im Rahmen einer Gruppe von Tanten und schrulligen englischen Ladies erzählte er im Film "Tee mit Mussolini" mit der amerikanischen Schauspielerin Cher.

Die große Vorliebe des eitlen, stets in lange Schale gehüllten Regisseurs bleiben Opern, deren Inszenierung er sich ein Leben lang leidenschaftlich widmete. Nie sparte Zeffirelli mit Kritik an den Operndirektoren und -regisseuren. "Das einzige Ziel der Regisseure ist heute, sich auf egozentrische Weise selbst auszudrücken, ohne Rücksicht auf den echten Inhalt einer Oper. Ich glaube, dass man originell sein und zugleich das Werk eines Autors respektieren kann", so Zeffirelli. "Es tut mir sehr leid, dass in den letzten 80 Jahren kein Musikgenie mehr zur Welt gekommen ist. Puccini ist 1924 gestorben und mit ihm die italienische Oper", fügte der Filmemacher hinzu.

Radikale Aussagen

An der Wiener Staatsoper gehören einige von Zeffirellis Inszenierungen geradezu zum fixen Inventar: Seine "La Boheme" aus 1963 wurde bereits 427 Mal gespielt, das nächste Mal Mitte März, seine "Carmen" aus 1978 erlebte 161 Vorstellungen, zuletzt in der Vorwoche, und der "Don Giovanni" hielt sich immerhin von 1972 bis 2005 im Repertoire.

Der Starregisseur, der in Rom in einer Prachtvilla auf der Via Appia Antica wohnt, ist in Italien nicht nur wegen seiner Filme, sondern auch wegen seines politischen Engagements und seiner radikalen Aussagen bekannt. Zwei Mal wurde der politisch eher konservative Zeffirelli in den Reihen der Forza Italia, der Partei des Ex-Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi, zum Parlamentarier gewählt. "Ich würde es aber nicht wieder machen", versicherte Zeffirelli, der immer noch ein guter Freund Berlusconis ist.

Schon 1991 hatte er die arabische Kultur als "barbarisch, primitiv und gewalttätig" bezeichnet, was hitzige Reaktionen ausgelöst hatte. Der islamische Fundamentalismus richte "mehr Schaden an als die Nazis", meinte Zeffirelli. Heute kritisiert er die Missstände in vielen Städten, darunter Rom. "Italien ist das schönste Land der Welt voller wunderbarer Städte, die jedoch nicht genug gepflegt werden. Dieser Niedergang hat bereits in den 50er Jahren mit dem Wirtschaftsboom begonnen, als schreckliche Dinge gebaut wurden. Wir verfügen über wunderbare Schätze, doch wir tun wirklich sehr wenig, um sie zu bewahren", kritisiert Zeffirelli.