Zum Abschluss der Eröffnungstrilogie nun also noch dieses Monstrum von einem Stück, die Beziehungshölle von George und Martha, die ihre Scharmützel am liebsten im Suff vor Publikum austragen. Auf Ulrich Rasches monumentale Euripides-Version der "Bakchen" und Itay Tirans einprägsamer Inszenierung von Wajdi Mouawads Familiendrama "Vögel" setzt Burgtheater-Chef Martin Kušej zum Finale seines großen Spielzeiteröffnungswochenendes eine eigene Inszenierung drauf, Edward Albees "Wer hat Angst vor Virginia Woolf". Seit 2014 Lief diese Version erfolgreich in München, als Gastspiel des Residenztheaters war sie in Klagenfurt bereits einmal zu sehen.

An der Burg spielten zuletzt Christiane von Poelnitz und Joachim Meyerhoff 2008 das unrettbar in sein Leiden aneinander verstrickte Trinkerpaar. Beide haben das Haus verlassen, als Kušej kam. Bei ihm spielen Norman Hacker und Bibiana Beglau George und Martha, die bei Albee nicht von ungefähr so heißen wie der erste US-Präsiden George Washington und seine Frau. Als Bühne genügt hier ein nackter weißer Korridor, leicht erhöht, darunter glitzert ein Teppich aus zerbrochenen Gläsern und Flaschen: Diese Liebe ist ein Scherbenhaufen. Das wird auch Nick und Honey bald klar, dem jungen Professorenpaar, das sich nach einer Collegeparty noch auf einen Absacker bei den älteren Kollegen einladen ließ.

Während Cognac, Whisky und Gin in Strömen fließen, entfaltet sich nicht nur die klägliche, von Bequemlichkeit, Karrierismus und Betrug gekennzeichnete "Liebesgeschichte" des jüngeren Paars, sondern auch die Tragödie von George und Martha, die ihren Lebensschmerz in einer unablässigen Abfolge gegenseitiger Demütigungen und Übergriffe zu kanalisieren versuchen. Alles nur Gesellschaftsspiele, wird den Besuchern immer wieder versichert, sie macht ihn zum Versager, er sie zum Ungeheuer,; atemberaubend, mit welcher Intimität und Leidenschaft hier Norman Hacker und Bibiana Beglau das Paar ausstatten, das gemeinsam in Verzweiflung versinkt und doch nicht voneinander lassen kann. Ihr Spiel ist Schlacht und ihre Liebe ein Zweikampf, in dem die beiden sich immer wieder ganz nahe kommen müssen, um zum tödlchen Streich ausholen zu können. Mitd em letzten Blackout nach zwei intensiven Stunden atmen einige Zuschauer hörbar auf. Langer, warmer Applaus im überraschend nicht ganz ausverkauften Burgtheater.

Regie: Martin Kušej
Bühne und Kostüme: Jessica Rockstroh
Licht: Tobias Löffler
Dramaturgie: Andrea Koschwitz
Mit: Bibiana Beglau (Martha), Norman Hacker (George ), Johannes Zirner (Nick ), Nora Buzalka (Honey)