Die Bücher, die sich mehr oder weniger originell mit der Coronakrise beschäftigen, werden bald ganze Regale in den Buchhandlungen füllen, doch die Branche selbst kränkelt noch immer. Die Annahme, dass während des Lockdowns und der meist unfreiwilligen Freizeit stapelweise Bücher gelesen wurden, ist ein Trugschluss.

Das bestätigt auch Gustav Soucek, Geschäftsführer des Hauptverbandes des Österreichischen Buchhandels. „Es wurde vielleicht viel gelesen und dabei auf Altbestände zurückgegriffen, aber auf den Verkauf hat sich das leider nicht niedergeschlagen.“ Wenngleich der Buchhandel vergleichsweise mit einem blauen Auge davongekommen ist. „Wir haben im ersten Halbjahr einen Umsatzrückgang von insgesamt 8,6 Prozent“, so Soucek, wobei sich das Minus naturgemäß bei der Reiseliteratur am stärksten bemerkbar macht (–40 Prozent).

Nur Kinder- und Bastelbücher verkaufen sich gut

Die einzigen Segmente, wo ein Plus zu verzeichnen war: Kinder- und Jugendliteratur sowie Handwerks- bzw. Bastelbücher. Soucek bzw. der Buchhandel hofft nun auf die Frankfurter Buchmesse (14. bis 18. Oktober) und die Buch Wien (11. bis 15. November). Beide Veranstaltungen sollen stattfinden, wenngleich im kleineren Rahmen und sofern nicht das Virus das letzte Machtwort spricht. Denn: „Die Präsenz von Büchern ist enorm wichtig, und die Verleger brauchen unbedingt Begegnungszonen.“

Annette Knoch, Inhaberin des Grazer Literaturverlages Droschl, ist froh, „mit kleinen, flexiblen Strukturen über die Runden“ gekommen zu sein. Eine Hilfe sei auch die Mehrwertsteuersenkung von zehn auf fünf Prozent auf Bücher gewesen. „Das ist auch den Verlagen zugutegekommen.“ Knoch bereitet sich auf ein durchwachsenes Jahr vor, was den „Turbo“ Frankfurter Buchmesse betrifft, ist sie eher skeptisch. „Alle großen deutschen Verlage und auch sehr viele internationale Häuser haben schon abgesagt.“ Für Knoch ist die Bücherschau am Main hauptsächlich die Bühne dafür, in Österreich bereits erschienene Titel international zu verbreiten. „Dieser Rechtehandel, für den der persönliche Kontakt wichtig ist, fällt wohl größtenteils weg heuer – und damit auch der Erlös.“

In diesem Beziehungsgeflecht mit Abstand am schlimmsten betroffen sind natürlich die Autoren selbst. „Die Situation ist gleichbleibend schlecht“, weiß Gerhard Ruiss, Geschäftsführer der IG AutorInnen. Abgesehen davon, dass durch weniger Buchverkäufe auch die Tantiemen abnehmen, bricht den Schriftstellern aufgrund der Corona-Bestimmungen eine Erlösquelle fast völlig weg. „Das sind die Lesetourneen bzw. Buchpräsentationen, die fast alle abgesagt wurden“, so Ruiss.

Haupteinnahmequelle bricht weg

Für viele Autoren sei das die Haupteinnahmequelle. „Für nicht wenige SchriftstellerInnen stellen Lesungen mehr als zwei Drittel ihrer Gesamteinnahmen dar.“ Denn von den Tantiemen allein kann kaum jemand leben. Die Rechnung ist einfach: Wenn es gut geht, verkauft ein österreichischer Literat von einer Neuerscheinung 5000 Stück.

Die Tantiemen betragen bei einem Verkaufspreis von 20 Euro pro Buch durchschnittlich zwei Euro – brutto. „Und davon soll ein Autor bis zum Erscheinen eines neuen Buches, was oft drei Jahre oder mehr dauert, leben?“, fragt der AutorInnen-Vertreter.

Die Perspektive? Ruiss: „Ein Mix aus kleinen Maßnahmen würde schon helfen, zum Beispiel eine Reiseunterstützung für AutorInnen, die nach Frankfurt zur Buchmesse fahren wollen.“ Und im Großen: „Es ist unglaublich, welch vielstimmige, originelle Literaturszene seit den 1970er-Jahren in Österreich blüht und immer üppiger wird. Dieses wertvolle literarische Erbe müssen wir unbedingt schützen.“