"Nicht nur Farbe, sondern auch Blut" heißt eine Sammlung von Texten des Kunsthistorikers Wieland Schmied. Das Thema ist erahnbar: Hermann Nitsch und seine Kunst. Der Titel nennt zwei Hauptingredienzien eines Werks, das aber als Ganzes aus wesentlich mehr Zutaten besteht. Zutaten materieller und geistiger Natur. Womit nicht (nur) der Wein gemeint ist, dem Nitsch sein Leben lang als Produzent und Konsument zugetan ist: "Ich will kein Plädoyer für den Alkohol halten, aber man ist oft für Augenblicke besser, als man ist", sagte er einmal.
Schon der junge Gebrauchsgrafiker, der unter anderem am Wiener Technischen Museum jobbte, hatte ein tiefgehendes Interesse für Philosophie, Geschichte, Mystik und Religionen. Später sagte er: "Ich war alles. Ich war Napoleon, ich war Christus, ich war Nietzsche, ich war Schopenhauer, und ich werde alles sein, was da noch kommt."
Was aus der breiten Befassung, natürlich auch mit der Kunst der Zeit entstand, war eine andere Form der Malerei, die in Gestalt von Performances und Inszenierungen aus den Ateliers ausbrach. Jackson Pollocks "action painting" oder Georges Mathieus spektakuläre Auftritte gaben zweifellos Anstöße. Aus diesen entwickelte Nitsch etwas gänzlich Eigenständiges. Und wurde neben Günter Brus, Otto Mühl (vulgo Muehl) und Rudolf Schwarzkogler zum wichtigsten Protagonisten des Wiener Aktionismus. Als Einziger blieb er dessen Ausgangsideen sein ganzes Werk lang treu.