Sie haben sich bereits mit dem Kreativuniversum André Heller und dem „Planeten Danzer“ beschäftigt, jetzt eine Hommage an Ludwig Hirsch. Warum er?
OLIVER WELTER: Als mich Thomas Gratzer vom Rabenhof-Theater nach den Heller- und Danzer-Projekten fragte, mit wem ich mich noch gerne beschäftigen möchte, war meine spontane Antwort: Ludwig Hirsch! Deshalb, weil er mich künstlerisch am meisten interessiert und er mir von seinem Wesen her am nächsten ist.

Oliver Welter inszenierte am Wiener Rabenhof-Theater eine "Ludwig-Hirsch-Show"
Oliver Welter inszenierte am Wiener Rabenhof-Theater eine "Ludwig-Hirsch-Show" © Ingo Pertramer

Wie muss man sich Ihre „Ludwig-Hirsch-Show“ vorstellen, die derzeit – bedingt durch den Lockdown – pausiert?
Ich habe mich gemeinsam mit dem Rabenhof-Team intensiv mit Musik und Person beschäftigt. Wobei ich ehrlicherweise sagen muss, dass ich vor allem sein Frühwerk schätze, also „Dunkelgraue Lieder“ und „Komm großer schwarzer Vogel“. Die Lieder auf diesen Alben haben eine unglaubliche Tiefe und für mich Cohen’sche Dimensionen. Unglaublich, dabei war Hirsch ein relativ junger Mann damals, aber die beiden Platten klingen wie ein Alterswerk. Das hat mich beeindruckt und wohl auch beeinflusst. Und bei aller Tragikomik seiner Lieder hatte Hirsch immer Humor, wenngleich oft einen sehr bitteren.

Als „Dunkelgraue Lieder“ erschien, waren sie elf Jahre alt und haben wohl kaum diese Musik gehört. Wann ist Ihnen denn das erste Mal ein Hirsch-Lied über den Weg gelaufen?
Ich muss 16, 17 Jahre alt gewesen sein. Ein Freund hat Hirsch-Platten mitgebracht. Und als ich das gehört habe, bei Kerzenlicht und abgedunkeltem Zimmer, dachte ich nur: Wow! Was ist denn das? Solche Hörerlebnisse hat man nur ganz selten in seinem Leben.

Seelenverwandtschaft?
Klingt pathetisch. Aber, ja, Ludwig Hirsch ist schon eine Art Seelenverwandter für mich. Diese melancholische Grundstimmung ist auch in mir angelegt. Vielleicht geht mir auch deshalb seine Musik so nahe.

Wie haben Sie sich ihm musikalisch genähert?
Ich habe versucht, die Lieder zu entkernen und so die Essenz herauszuholen. Es ging mir um Hirsch pur. Die Show beinhaltet 15 Lieder, dazwischen gesprochene Texte. Aber jedes gesungene oder gesprochene Wort ist von Ludwig Hirsch.

Was ist für Sie das Besondere an Ludwig Hirsch?
Der schwarze Humor, dieses zutiefst Wienerische, obwohl er kein gebürtiger Wiener war. Was beim Hirsch aber dazukam, war die Empathie, das würde ich dem Wienerischen oder Österreichischen nicht unbedingt attestieren.

Ludwig Hirsch hatte trotz des Abgründigen immer einen zärtlichen Blick auf die Menschen, so habe ich ihn empfunden.
Ja, da bin ich ganz bei Ihnen. Er hatte zwar einen sezierenden Blick auf die Gesellschaft, aber auch ein großes Herz für Außenseiter, für Freaks aller Art.

Derzeit hat Ihre Hirsch-Show ja Lockdown-Zwangspause. Wann und wo ist sie wieder zu sehen?
So Corona will am 20. Dezember im Rabenhof-Theater. Auch einige Gastspiele in den Bundesländern wird es vermutlich geben.

Darf ich Sie gefahrlos fragen, wann es ein neues „Naked Lunch“-Album gibt? Es hält sich ja hartnäckig das Gerücht, dass man Herwig Zamernik und Sie nicht gemeinsam in ein Zimmer lassen darf, weil sonst die Gefahr von Mord und Totschlag besteht.
Unsinn! Ich schätze den Herwig total. Und ein neues „Naked Lunch“-Album gibt es voraussichtlich im Herbst 2022.