herbst-Intendantin Ekaterina Degot hält heute ab 17 Uhr  im Freien vor dem Grazer Orpheum ihre Eröffnungsrede. Da dabei aufgrund der aktuell geltenden Veranstaltungsbestimmungen aber kaum Live-Gäste zugelassen sind, wird die Rede auf 100 Bildschirmen in ausgewählten Geschäften der Grazer Innenstadt übertragen (siehe auch www.paranoia-tv.com). Unten stehend die Eröffnungsrede zum Nachlesen. Ab 20 Uhr folgt dann Janez Janšas Performance-Projekt „Das Finale“.

Der herbst findet heuer zwar großteils online im "Paranoia TV" statt, einiges kann aber auch real besichtigt und erlebt werden. Intendantin Ekaterina Degot stellte am Donnerstag Vormittag einige Projekte vor: Der "Photoautomat" von Akinbode Akinbiyi wirft andere Bilder aus, als der Benutzer erwartet, und im Stadtpark unterhalten sich zwei Straßenlaternen auf eigene Weise. Im Festivalzentrum befinden sich das "Paranoia TV"-Studio sowie die "Kuschelpornos" von Igor Samolet.

"Im März waren wir fast fertig, dann mussten wir alles ändern", verwies Degot auf die außergewöhnlichen Herausforderungen bei der Planung des heurigen Festivals. Die Lösung sei Onlinebetrieb gewesen, und so entschied man sich für "Paranoia-TV". Die Filme und Serien werden gestaffelt eingestellt, damit jeden Tag etwas Neues dazukommt.

Das Festivalzentrum in der Herrengasse, in dem auch die Karten gekauft werden können, ist das fiktive TV-Studio, worauf Türen mit der Aufschrift "Studio 1", "Studio 2" und "Studio 3" verweisen. Im Untergeschoß läuft ständig das Programm von Paranoia-TV, die Besucher können mit viel Abstand auf Bänken sitzen und fernsehen. Im ersten Stock ist Igor Samolets Arbeit "Cuddle Porn" zu sehen. Der Künstler hat auf Styroporobjekte unter anderem Bildern von sich umarmenden Menschen montiert.

Am Eisernen Tor hat Akinbode Akinbiyi seinen "Photoautomat" aufgestellt. Er sieht aus wie ein normales Gerät, mit dem man um einen Euro Passbilder machen kann. Doch statt vier Porträts des Abgelichteten kommen vier verschiedene Schwarz-weiß-Bilder heraus. Eines zeigt den Benutzer, die drei anderen sind Stadtansichten, und zwar großteils von Berlin. Das Projekt startete bereits vor 15 Jahren, erzählte der Künstler, und es gibt bei den Fotos immer eine Geschichte dahinter, die dem Betrachter allerdings verborgen bleibt.

Unauffällig in das Stadtbild fügt sich ein anderes Projekt, nämlich "Dictionary of Imaginary Places" von Vadim Fishkin. Die beiden Straßenlaternen am Burgring am Rande des Stadtparks kommunizieren miteinander. Sie werfen einander Namen von Städten und Ländern zu, die in der Literatur eine Rolle spielen, dabei blinken die Lampen, als würden sie tatsächlich reden.

Ekaterina Degots Rede im Wortlaut

Das hier ist eine kleine Rede. Vielmehr: Das hier ist DIE kleine Rede.

Wir hatten es ja angekündigt: Gerade jetzt läuft eine große Rede - DIE große Rede zur Eröffnung des steirischen herbst – auf hundert Bildschirmen in der Grazer Innenstadt und auch online. Diese große Rede ist die Rede von Paranoia TV, es gibt eine sehr lustige Nachrichtensprecherin, es gibt einen prächtigen Hintergrund, der zu allen Präsidenten und Kanzlern dieser Welt passen würde, es gibt ein rotes Kostüm, es gibt Untertitel. Sie können jetzt auf Ihre iPhones schauen und das digitale Ich statt des realen Ichs sehen. Denn die beiden sind nicht dasselbe. Wir haben Ihnen gesagt, dass die Rede per Streaming übertragen wird, aber wir haben Sie in die Irre geführt. Wir haben SIE hier getäuscht, nicht Sie dort vor den hundert Bildschirmen. Sie wissen, dass wir uns dieses Jahr digitalisiert haben, dass ein Großteil des Programms von Paranoia TV online ist, dass man wahrscheinlich bis zum Ende des Jahres brauchen wird, um alles zu sehen, und dass es ein großer Vorteil ist, weil alles kostenfrei zugänglich ist. Ich hoffe, dass damit der steirische herbst dieses Jahr wirklich für alle offen sein kann, in Graz, im ganzen Land und international.

Also sind es nicht Sie dort, die wir getäuscht habe, sondern Sie hier. Ich hatte schon daran gedacht, diese kleine Rede als reinen Smalltalk zu halten. Wie gefällt Ihnen das Wetter? Welche Art von Masken hassen Sie am wenigsten?

Aber nein. Eine Rede soll es geben. Eine geheime und exklusive lebensnahe Rede für die Wenigen. Und genau darum wird es gehen: um die Exklusivität.

Wir hier sind die Wenigen: Selbstverständlich haben wir uns angemeldet, aber wir alle wissen, dass die meisten von uns hier sind, weil wir beim steirischen herbst arbeiten, oder weil wir den herbst unterstützen; wir sind Künstler, Politiker, Journalisten, Sponsoren, Teammitglieder, herbst-Partner, Sympathisanten. Wir wissen, warum wir hier so wenige sind: wegen den Abstandsbestimmungen der Corona-Regeln. Aber eigentlich hat der steirische herbst schon immer so funktioniert, wie auch jedes andere „avantgardistische“ Unternehmen: für die Wenigen und durch die Wenigen.

Wir haben das Recht, hier zu sein, weil wir einen beruflichen Vorteil haben, den Vorteil unserer Stellung in der Gesellschaft. Diesen Vorteil nannte man früher rechtlich gesehen Immunität. Unlängst hat uns der Theoretiker Paul B. Preciado an die Arbeiten von Roberto Esposito erinnert, der – vor langer Zeit – gezeigt hat, dass das Wort „Immunität“ im römischen Recht bedeutet, in einigen Aspekten über dem Gesetz zu stehen. Somit steht man auch über „einfachen Menschen“, die nicht immun sind, sondern de-munisiert, aller Privilegien beraubt. Erst nach der medizinischen Revolution des frühen 19. Jahrhunderts und mit dem Erscheinen der ersten Impfstoffe kam dem Begriff der Immunität die biologische und medizinische Bedeutung zu, die wir heute alle kennen.

Wir sehen, dass die beiden Bedeutungen des Wortes wieder miteinander übereinstimmen. Wir sind alle hier, weil wir den Anforderungen genügen: durch unsere gesellschaftliche Stellung, aber auch durch unser Wissen über die zeitgenössische Kunst – wir alle sind zumindest bis zu einem gewissen Grad damit einverstanden, sonst wären wir nicht hier. Wir sind hier unter uns. Sie kennen natürlich den Unterschied zwischen „ein Freund von mir“ und „ein Freund von uns“, wenn ein Mafiaboss spricht. Wir sind hier alle Freunde von uns.

Allerdings sind wir auch hier wegen eines anderen Privilegs: Heute Morgen hatten wir kein Fieber. Nicht nur unser Verstand, sondern auch unser Körper entspricht den Anforderungen, da wir, zumindest unseres Wissens nach, nicht am Coronavirus erkrankt sind. Zu vielen Orten kann man schon jetzt nur Zugang erhalten, wenn man sich einer Temperaturkontrolle unterzieht. Und vielleicht wird sehr bald nur noch derjenige, der einen gültigen Test vorlegt, eine öffentliche Veranstaltung besuchen dürfen. Nur diejenigen, also, die Immunität besitzen.

Machen wir also eine kleine Übung: Spüren wir jetzt diese doppelte Immunität in unserem Körper. Wir sind berechtigt. Wir sind fähig. Wir sind relativ gesund, zumindest im Hinblick auf dieses spezielle Corona-Kriterium. Es ist leichter, diese Exklusivität zu spüren, wenn man sich vorstellt, man sei ihr beraubt, de-munisiert. Dann wird man der Realität beraubt.

Denn wir sind auch im wirklichen Leben hier, und das ist ein weiteres Privileg. Ich bin echt, im Gegensatz zu dem anderen Ich auf den Bildschirmen. Das wirkliche Leben hat sich in letzter Zeit, seit einigen Jahrzehnten, aber vor allem während des Lockdowns und danach immer seltener gezeigt. Es ist etwas ganz Exklusives. In letzter Zeit gibt es in unserem Leben mehr digitale Realität als reale Realität. Es ist wie mit Bio-Lebensmitteln, die angeblich auch selten und deswegen teuer sind. Wir sind jetzt auf der Bio-Eröffnung des steirischen herbst.

Es handelt sich also um ein Privileg, das sich in die Einzigartigkeit des Augenblicks übersetzt, in die Magie des Jetzt. Ebenso in das Recht, Zeuge eines Fehlers zu werden. Wenn ich jetzt meine Worte verdrehe oder vom Podium falle, bedeutet das, dass wir alle noch leben. Es ist, wie wenn man einen Wurm aus einem Apfel kriechen sieht und jubelt: Der Apfel ist echt.

Nicht jeder hat Zugang zum Bioladen, auch nicht zum Realen oder zum Jetzt. Man muss ins Profil passen, um hier hineingelassen zu werden.

So wollten auch die Künstler der Avantgarde, die ersten „zeitgenössischen Künstler“, die Welt organisieren: Die zeitgenössische Kunst sei nicht für alle, sondern für die Besten, egal, ob es sich um die intellektuelle Elite im Westen oder die Klassenelite, das politisch bewusste Proletariat, im kommunistischen Osten handelte. „Zeitgenössische Kunst“ bedeutete und bedeutet nicht nur „alles, was jetzt produziert wird“. Sie bedeutet nur einen Teil davon, denjenigen, der unseren Zeitgeist der Zeitgenossenschaft bewusst zum Ausdruck bringt. Es ist ein immer wiederkehrendes Thema, dass, sagen wir, ein Maler, der Lipizzaner porträtiert, oder einer, der in zehn Minuten Ihr Porträt an einer Strandpromenade anfertigt, keine zeitgenössischen Künstler sind.

Dem Begriff der Moderne, der zeitgenössischen Kunst, haftet ein deutlicher Ausschluss an. Man spricht oft davon, dass Avantgarde ein militärischer Begriff ist. Auf eine andere feindliche Avantgarde zielen die Musketen jedoch nicht. Sie sind eher zurück gerichtet, auf den Rest von uns, auf den Kitsch des Noch-nicht-genügend-Zeitgenössischen, des Noch-nicht-Modernen. Der russische Künstler Ilya Kabakov – der übrigens seine internationale Karriere in Graz begann – schrieb einmal einen berühmt gewordenen Satz: „Nicht jeder wird in die Zukunft mitgenommen.“

Aber in der zeitgenössischen Kunst ist es eher so, dass nicht jeder in das „Jetzt“ mitgenommen wird. Man muss erst dazu befördert werden, zeitgenössisch zu sein. Einige Menschen – zeitgenössische Künstler, kosmopolitische Eliten – befinden sich bereits in dieser zeitlichen Dimension, während die anderen noch in der Dimension des Raums, der Geografie, der nationalen Grenzen verhaftet bleiben. Der ganze Modernismus war eine Produktion des Besseren, und ich glaube wirklich, dass es viel besser ist, kosmopolitisch zu sein als provinziell und nationalistisch. Aber es bedeutete auch die Produktion von Hierarchien und hierarchischen Subjektivitäten. Mit dem Verschwinden alter feudaler oder klerikaler Hierarchien, mit dem Aufkommen neuer, vulgär-monetärer Erscheinungen ging es der Moderne von ihren Anfängen mit Baudelaire an um die Produktion fiktiver, selbsternannter Eliten, künstlerischer Boheme-Eliten. Die sich später mit wirklichen Eliten verbanden, ob finanziell durch den Kunstmarkt oder politisch als Form der Soft Power.

Wie können wir heute vor einem so schweren Hintergrund die zeitgenössische Kunst weiterbetreiben? Wir sind hier die Wenigen. Vielleicht die 1%. Aber wir sind auch diejenigen 1%, die tatsächlich – da bin ich mir sicher – dagegen sind, dass man die Menschen in die besseren Wenigen und die durchschnittlichen Viele aufteilt. Darin liegt das Paradox. Wie können wir mit diesem Paradox leben?

Derzeit herrscht überall auf der Welt eine paradoxe Stimmung. Es ist eine gewaltige, erdbebenartige Kollision zweier diametral entgegengesetzter Tendenzen. Von Ausgrenzung und Einschluss.

Es gibt derzeit eine sehr gewaltsame Zersplitterung der Gesellschaft in einzelne Körper, die in ihren Räumen, in ihrem 1-Meter-Radius, hinter ihren Masken stecken, ohne das Recht, irgendetwas zu teilen. Es ist der totale Ausschluss von allem „Anderen“ in Ihrem Leben. Man wird körperlich allein gelassen und spürt es in seinem Körper wieder so, wie man sich im Frühling gefühlt hat, als hätte sich nichts verändert. Das ist nicht neu: Genau in diese Entfremdung hat sich die Gesellschaft vor langer Zeit hineinentwickelt. Aber jetzt nimmt sie besonders drastische Formen an. Es ist, als ob Margaret Thatcher, die bekanntlich sagte, dass es so etwas wie eine Gesellschaft nicht gibt, sondern nur Individuen, die Macht erhalten hätte, die ganze Welt nur nach dieser Regel zu gestalten.

Alle Gesten der Solidarität, alle progressiven Choreografien – nicht einmal nur die der Linken, sondern auch die von allen anständigen Menschen – sind jetzt jenseits des Gesetzes. Unsere Körper sind extrem isoliert, wir können uns nicht berühren, umarmen, wir können nicht miteinander sprechen, Lachen ist gefährlich wie alles jenseits einer sehr sorgfältigen Isolation. Wenn wir empathisch genug sind, kann jeder von uns einen Bruchteil der Ausgrenzung spüren, die zurückgewiesene Migranten und Flüchtlinge jeden Tag erleben.

Und all diese gewaltsame Zersplitterung geschieht paradoxerweise in einer Situation, in der seit sehr langer Zeit die ganze Welt fast synchron denselben Zustand durchläuft. Es gibt keine erste oder dritte Welt mehr, verschiedene Kulturen oder Identitäten haben keinen Sinn, wir alle durchlaufen die gleiche Zerreißprobe.

Es bahnt sich ein Gewitter an, wir spüren es in der Luft: Extreme Ausgrenzung trifft auf extremen Wunsch nach Inklusivität, höchste Hoffnung auf eine viel tiefere Qualität als die, die wir in der westlichen Welt zu haben schienen. Eine tiefere, wahrhaftigere Gleichberechtigung für Frauen, für Transsexuelle, für People of Color, für Behinderte. Es reicht nicht mehr aus, als Ausnahme aufgenommen zu werden, als schwache Version, wir wollen, dass der gesamte Mechanismus radikal verändert wird, angefangen bei der Sprache, der Denkweise, der Art und Weise, wie wir unsere Häuser, unsere Autos und unsere Republiken bauen. Aber nicht jeder wagt es, diesen Anspruch zu erheben. Freiwillige oder unfreiwillige Migranten, Arbeiter, die sich illegal oder legal hier aufhalten, aber immer noch keine Staatsbürgerschaft besitzen, oder einfach die Armen haben oft Angst, ihre Stimme zu erheben. Zumindest hier in Europa.

Aber nicht mehr in Amerika. Deshalb findet die BLM-Bewegung jetzt so stark statt. Aber wir müssen uns daran erinnern, dass John H. Van Evrie, einer der Ideologen der weißen Vorherrschaft im 19. Jahrhundert, behauptete, die Sklaverei sei für Amerika notwendig, um Klassenunterschiede, wie sie in Europa bestehen, zu vermeiden und eine weiße Demokratie zu schaffen.

Sowohl hinter als auch im Inneren jeder Demokratie verbirgt sich also immer ein Ausschluss. In Österreich ist diese Ausgrenzung besonders gut versteckt. Wir leben hier in einer Gesellschaft, die sehr tolerant gegenüber Schwulen ist, die arbeitende Frauen fördert, die sich um rollstuhlgerechte Zugänge kümmert. Auch die zeitgenössische Kunst wird unterstützt. Und das ist alles sehr positiv. Aber es gibt immer, überall, unangetastet und unhinterfragt, die normative weiße, deutschsprachige, patriarchalische Familie, die Vorstellung von einer normativen Kernethnie, die der Nation ein Stabilitätsgefühl bietet. Es gibt eine sanfte Ausgrenzungsgewalt, die die Hälfte der Bevölkerung in ihrem Körper spürt.

Wir stehen an einem Ort, der symbolisch mit diesem Thema der Ausgrenzung verbunden ist. Dies ist die Domäne der Ausgeschlossenen, der Unterdrückten der Erde. Diejenigen unter Ihnen, die aus Graz stammen, wissen wahrscheinlich, dass das Varietétheater Orpheum auf dem Boden eines Pestfriedhofs errichtet wurde, der hier bis ins frühe 18. Jahrhundert stand.

Die Pest ist natürlich eine gewaltige Metapher der Ausgrenzung, ihre Friedhöfe, auf die die Toten und manchmal auch die Sterbenden gebracht wurden, um sie zu isolieren – ein starkes Beispiel für die nekropolitische Geografie, die disziplinäre Politik des Raums. In Graz hat, wie Sie alle wissen, die Ausgrenzung einen sehr stark geografischen, räumlichen Parameter. Krankheit, Prostitution, Arbeiterklasse, Migrantinnen und Migranten wurden auf dieser Seite der Mur in die Vorstadt gedrängt. Graz hat noch immer mit der Ungleichheit zu kämpfen, die in seinen Stadtplan eingeschrieben ist.

Teil dieses Ausschlusses ist die proletarische Massenkultur, plebejische Genres, so dass der Schädlingsfriedhof am Ende aus gutem Grund einem öffentlichen Unterhaltungsschwimmbad im Kanal und dem Varietétheater unter dem Namen Orpheum wich. Der steirische herbst hatte hier 1975 auch seine allererstes eigene Veranstaltung als neu gegründete Veranstaltungsgesellschaft – den Tag der offenen Tür, der sich über mehrere Jahre mit Pantomime, Zirkus, Performance, Videokunst, Jazz und elektronischer Oper fortsetzte und Kindergenres mit der hochkarätigen Avantgarde der damaligen Zeit vermischte.

Das bringt uns wieder zur Kunst und zu einem kleinen Konzert der wunderbaren Gruppe Hirsch Fisch. Aber warum Kunst in diesen düsteren Tagen? Welche Hilfe kann die zeitgenössische Kunst dabei leisten, wenn sie, wie ich schon sagte, von so vielen Ungleichheiten in ihrer Grundstruktur befleckt ist?

Sie kann es, weil sie uns mit all den Spaltungen, die sie mit sich bringt, und manchmal auch dank ihnen, auf die Dimension dessen hinweist, was nicht da ist. In der Kunst geht es immer um die bessere Welt. Sie hat Perspektive. Sie hat Bewegung, unabhängig vom Medium. Um sie zu feiern, würden wir tanzen. Das können wir jetzt nicht tun, nicht wirklich. Was wir tun können, ist, uns den Tanz in unseren Köpfen, in unseren Körpern vorzustellen, während wir Hirsch Fisch zuhören – in der Hoffnung auf einen echten Tanz, den wir eines Tages, bald, tanzen werden – alle zusammen.