Vom Stiftungsvorstand der Tiroler Festspiele Erl wird es keine offizielle Entschuldigung, wie von fünf betroffenen Künstlerinnen in einem Offenen Brief gefordert, geben. "Entschuldigen muss sich der, der es getan hat", sagte Landesrätin und Mitglied des Stiftungsvorstandes Beate Palfrader (ÖVP) am Freitag im Gespräch mit der APA, und meint damit Gustav Kuhn. Sie bedaure aber sehr, was passiert ist, betonte sie.

Sie weise zurück, dass jahrelanger Machtmissbrauch bei den Festspielen einfach geduldet worden sei und sie habe auch niemals die Glaubwürdigkeit der Künstlerinnen infrage gestellt, meinte die Landesrätin in Reaktion auf den Offenen Brief. Vielmehr habe man die Vorwürfe sofort an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet und innerhalb des Vorstands mit der Einrichtung der Ombudsfrau reagiert.

Als im Juli des vergangenen Jahres dann erstmals durch ebenjene Künstlerinnen nicht-anonymisierte Vorwürfe öffentlich wurden, habe man erneut umgehend reagiert, indem man Gustav Kuhns Funktion als künstlerischer Leiter ruhend gestellt habe. Zudem habe der Stiftungsvorstand auf ihre Initiative hin beschlossen, die Gleichbehandlungskommission einzuschalten, erklärte Palfrader.

"Ich war und bin bestürzt und zutiefst betroffen von dem, was passiert ist. Ich bedaure, dass ich es nicht früher gewusst habe, weil dann hätte ich auch früher reagiert", so die Landesrätin. Der Stiftungsvorstand werde den Brief in seiner nächsten Sitzung diskutieren und sein gemeinsames Bedauern ausdrücken. Keiner kannte aber die Vorwürfe, wies die Landesrätin erneut eine jahrelange Duldung zurück.

"Ich bewundere den Mut der Künstlerinnen", sagte Palfrader. Sie hoffe, dass die fünf Frauen auch Vorbild für andere Frauen in ähnlichen Situationen sein können.

Die fünf Künstlerinnen hatten zuvor eine öffentliche Entschuldigung gefordert. Damit solle die "Reputation als Künstlerinnen wiederhergestellt" werden. Zuletzt wurde publik, dass die Gleichbehandlungskommission in ihrem Bericht dem ehemaligen künstlerischen Leiter der Festspiele Erl, Gustav Kuhn, sexuelle Belästigung vorwirft.

Die Entschuldigung solle in jener Form erfolgen, "in der unsere Reputation als Künstlerinnen wiederhergestellt und unsere Würde als Frauen respektiert wird", so die fünf Frauen. Die Entschuldigung erwarte man sich "vonseiten der Tiroler Festspiele Erl Privatstiftung sowie von der Tiroler Festspiele Erl Betriebsges.m.b.H. als deren operativem Organ, für den in Ihrem Unternehmen stattgefundenen und von Ihnen über Jahre geduldeten Machtmissbrauch Ihres Intendanten", schrieben die Künstlerinnen in dem an Beate Palfrader, Festspielpräsident Hans Peter Haselsteiner und den Sektionsleiter im Bundeskanzleramt, Jürgen Meindl, gerichteten Offenen Brief.

Die Kommission habe jetzt "in allen fünf von ihr untersuchten und geprüften Fällen in fünf separaten Gutachten zweifelsfrei sexuelle Belästigungen von uns ehemals bei den Festspielen tätigen Künstlerinnen durch den Gründer und langjährigen Leiter Gustav Kuhn festgestellt", erklärten die Künstlerinnen. Und kritisierten gleichzeitig die Festspiel-Verantwortlichen: "Nach dem Offenen Brief im Juli 2018, in welchem wir erstmals mit Namen und konkreten Schilderungen massive Übergriffe öffentlich gemacht hatten, war nicht nur und nicht nur von Ihnen, den Verantwortlichen, unsere Glaubwürdigkeit in Zweifel gezogen, sondern sind wir auch als Frauen herabgesetzt und als Künstlerinnen diffamiert worden".

Die Gleichbehandlungskommission habe die Vorwürfe hingegen als "authentisch" und "glaubhaft" gewürdigt. Es gehe um "vulgäre Anmache, eindeutige Aufforderung zu Sex, unerwünschte Küsse auf den Mund und das Dekolleté, Griff auf den Po, unter den Pullover, an die Brüste, zwischen die Schenkel und direkt an die Scham".

Die Beweiswürdigungen der Gleichbehandlungskommission würden eine "vollständige Rehabilitierung" für sie darstellen, so die Künstlerinnen, die von einer "versuchten Täter-Opfer-Umkehr " nach dem damaligen schweren Schritt an die Öffentlichkeit sprachen. In den Gutachten sei bestätigt worden, dass in Erl eine "einschüchternde, feindselige bzw. demütigende Arbeitsumwelt" geschaffen wurde.