Der gewaltige Sturm "Zeynep" hat in weiten Teilen Europas große Verwüstungen angerichtet. 14 Menschen kamen in Deutschland, Belgien, Großbritannien, Irland, den Niederlanden und Polen bis Samstagmittag ums Leben, zumeist durch auf Fahrzeuge gestürzte Bäume. Hunderte Flüge, Züge und Fährverbindungen fielen wegen des Sturms "Zeynep" mit seinen gebietsweise orkanartigen Böen aus, der in anderen Ländern "Eunice" heißt.

Rekordgeschwindigkeiten von 200 km/h

Der über Irland entstandene Sturm war am Freitag über Teile des Vereinigten Königreichs, dann über Nordfrankreich und die Benelux-Staaten gezogen, bevor er in der Nacht auf Samstag auf Dänemark, Deutschland und später Polen traf. Rekordwindgeschwindigkeiten - an die 200 km/h in Großbritannien - und Starkregen entwurzelten Bäume, beschädigten Dächer und sorgten für Sturzfluten. In Norddeutschland galt am Samstag die höchste Alarmstufe.

In den betroffenen Ländern fielen zahlreiche Zugverbindungen aus, etwa der Thalys zwischen Amsterdam und Brüssel und große Teile des Fernverkehrs der Deutschen Bahn. Besonders an den bedeutenden Londoner Flughäfen wurden zahlreiche Flüge gestrichen. Auch der Fährverkehr über den Ärmelkanal war stark beeinträchtigt.

400.000 englische Haushalte ohne Strom

In Großbritannien waren am Samstag mehr als 400.000 Haushalte weiterhin ohne Strom, wie der Netzbetreiber mitteilte. In Polen waren nach Angaben der örtlichen Behörden 194.000 Haushalte betroffen, in Frankreich 37.000. Die britischen Versicherer schätzen den dort entstandenen Schaden auf mehr als 300 Millionen Pfund (360 Millionen Euro).

Bisher die meisten Toten gab es in den Niederlanden, wo vier Menschen starben. In Großbritannien und Deutschland starben drei Menschen, zwei in Polen und jeweils ein Mensch in Belgien und Irland.

Umgestürzte Bäume wurden zur Gefahr.

Höchste Warnstufe in Großbritannien

Stürmisches Wetter legte am Freitag auch in Großbritannien das öffentliche Leben teilweise lahm und hat große Zerstörung angerichtet. In London wurde erstmals die höchste Warnstufe Rot ausgerufen. Sie galt auch für Teile Südwest- und Südostenglands sowie Wales. Bürgermeister Sadiq Khan forderte die Menschen in der britischen Hauptstadt dazu auf, zu Hause zu bleiben. Wegen umherfliegender Trümmerteile bestehe Lebensgefahr, warnte der Wetterdienst Met Office.

Auf Videos, die im Internet kursierten, war zu sehen, wie die Bespannung des Millennium-Domes im Londoner Stadtteil Greenwich stellenweise fortgerissen wurde. Unter der zur Jahrtausendwende errichteten zeltartigen Konstruktion befindet sich die O2-Arena, in der es oft Musik- und Sportveranstaltungen gibt. Der Zugverkehr in London wurde partiell eingestellt.

DB stoppte Personenverkehr

Wegen des Sturmtiefs "Eunice", das in Deutschland "Zeynep" getauft wurde, stellte auch die Deutsche Bahn am Freitagnachmittag den gesamten Personenverkehr in Nordrhein-Westfalen und in Norddeutschland ein. 

VW-Produktion gestoppt

Wegen des herannahenden Orkantiefs "Zeynep" setzt Volkswagen die Produktion in seinem Emder Werk in Deutschland vorerst aus. Eine VW-Sprecherin bestätigte einen entsprechenden Bericht der "Emder Zeitung" Freitag zu Mittag.

Schwere Sturmflut in Hamburg

Hamburg erlebt eine sehr schwere Sturmflut. Der Wasserstand am Pegel St. Pauli erreichte am Samstag gegen 5.30 Uhr 3,75 Meter über dem mittleren Hochwasser. Das sei wahrscheinlich der Scheitelpunkt, sagte ein Sprecher des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH). Ab 3,5 Metern über dem mittleren Hochwasser spricht man vor einer sehr schweren Sturmflut.

An der schleswig-holsteinischen Nordseeküste lief das Wasser früher in der Nacht und weniger hoch auf. In Dagebüll und Büsum gab es mit 2,92 und 2,86 Metern über dem mittleren Hochwasser jeweils eine schwere Sturmflut.

In Bremen stürzte ein 55 Meter hoher Baukran ein. Der Kran sei dabei in der Nacht auf den Samstag in ein im Rohbau befindliches Bürogebäude gekracht, sagte ein Feuerwehrsprecher. "Es sieht verheerend aus" so der Sprecher. Auch ein gerade vorbeifahrender Laster sei von dem Kran erwischt worden. Der Fahrer sei unverletzt geblieben. Ein weiterer 90 Meter hoher Kran wurde nicht beschädigt. Die Trümmerteile blockieren nun die umliegenden Straßen. Die Beseitigung des Krans werde noch bis zum Anfang der kommenden Woche dauern. Zur Schadenshöhe konnte die Polizei keine Angaben machen.

Bis Montag stürmisch

Mindestens bis Montag soll es stürmisch bleiben, wie es vom Deutschen Wetterdienst (DWD) heißt. "Es kehrt einfach keine Ruhe ein", sagte ein Meteorologe. Schwerpunkt der aktuellen Unwetterlage sollte den Experten zufolge bis Samstagfrüh die Nordhälfte Deutschlands sein. Der DWD hatte aber auch für südlichere Regionen – Teile von Rheinland-Pfalz, Hessen und für nördliche Regionen Bayerns – Unwetterwarnungen vor orkanartigen Böen herausgegeben. Fern- und Regionalverkehr wurden am Freitag in Norddeutschland und in Nordrhein-Westfalen nach und nach eingestellt.