Wer den Weg vieler Produkte in unseren Supermärkten, Kleidungs- oder Elektrofachgeschäften zu ihrem Ursprung zurückverfolgt, kann auf prekäre Arbeitsverhältnisse, schädliche Produktionsbedingungen für Menschen und Umwelt oder auch auf Kinderarbeit stoßen. Oftmals führen die Wege entlang dieser Lieferketten in asiatische oder afrikanische Länder, wo möglichst billige Arbeitskräfte oder -plätze einen Wettbewerbsvorteil auf globalen Märkten bedeuten. In besonders schlimmen Fällen sterben Menschen. Etwa als vor sieben Jahren eine baufällig Textilfabrik in Bangladesch einstürzte und mehr als 1100 Menschen unter sich begrub, oder als im vergangenen Dezember ein Erdrutsch in einer Goldmine im Kongo 30 Bergleute tötete.

Viele Firmen, die Produkte oder Rohstoffe aus diesen, meist armen Ländern beziehen, haben sich die Verbesserung von Arbeitsbedingungen oder angemessenere Löhne auf die Fahnen geschrieben, umgesetzt werden diese Vorhaben allerdings nicht immer. Nach der Katastrophe in Bangladesch verpflichteten sich Modefirmen zu einer Verbesserung der Sicherheitsstandards in Fabriken – auch, weil man einen Boykott der Kunden fürchtete. Dieses Abkommen ist mittlerweile aber wieder ausgelaufen. Auch die Coronakrise trägt dazu bei, dass erkämpfte Standards wieder ausgehöhlt werden.

"Freiwilligkeit hat nicht funktioniert"

Die deutsche Bundesregierung hat nun ein Gesetz auf den Weg gebracht, das Firmen verpflichten soll, sicherzustellen, dass es in ihren eigenen Lieferketten zu keinen Verletzungen von Umwelt- oder Sozialstandards kommt. Laut Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) soll das Lieferkettengesetz noch im Herbst in Kraft treten – trotz großem Widerstand. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) etwa bezeichnete es als „nicht verantwortbar“, dass deutsche Unternehmen für mögliche Verstöße, „die irgendwo in ihren Lieferketten passieren“, in Mithaftung genommen werden sollten. Aus der Regierung heißt es hingegen, dass man es lange genug mit Freiwilligkeit versucht habe und dies nicht funktioniere.

Auch auf europäischer Ebene will Deutschland, das seit dem 1. Juli die EU-Ratspräsidentschaft inne hat, Lieferketten fairer und nachhaltiger gestalten, weil eine gesamteuropäische Regelung fehlt und nationale Bestimmungen in einem „Europa mit freiem Warenverkehr nicht ausreichen“.

In Österreich gibt es – im Unterschied zu anderen EU-Ländern – noch kein derartiges Gesetz. Laut Petra Bayr (SPÖ) gab es bereits Versuche seitens der SPÖ, ähnliche Regeln zu beschließen, diese fanden aber keine Mehrheit im Parlament. Hartwig Kirner, Chef von Fairtrade Österreich, hofft, dass nun weitere Länder nachziehen. Ein Impuls aus der Zivilgesellschaft – wie es ihn auch in Deutschland gab – sei ebenfalls wünschenswert. Wettbewerbsnachteile für heimische Firmen sieht er nicht, denn „diese Regeln sollen ja für alle gelten.“