Auch wenn es nur um eine auf Amazonien begrenzte Sondersynode geht - für Kardinal Christoph Schönborn steht dennoch fest: "Es geht um die Zukunft des Planeten". Das betonte der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz im Interview mit "Kathpress" und Medien der Erzdiözese Wien über die ab Sonntag im Vatikan stattfindende Bischofsversammlung.

"Schrei der verletzten Erde"

Unter dem Titel: "Amazonien - neue Wege für die Kirche und eine ganzheitliche Ökologie" wird es drei Wochen über die ökologische, wirtschaftliche und soziale Situation jener Region gehen, die mit rund 7,5 Millionen Quadratkilometern als "grüne Lunge" der Welt globale Bedeutung hat. Immer deutlicher werde mittlerweile erfahrbar, was Papst Franziskus in seiner Enzyklika "Laudato si" vor vier Jahren als "Schrei der verletzten Erde" beschrieben habe, so der Kardinal. "Es ist eine Notsituation", wenn man etwa an die Anzahl der Waldbrände, das Abschmelzen der Polkappen, die Verschmutzung durch Mikroplastik und die Gefahr von Missernten denke.

Angesichts dieser Dramatik und der Verantwortung für nachfolgende Generationen seien innerkirchliche Fragen wie beispielsweise die Zulassung von verheirateten Männern zum Priesteramt ("viri probati") "sekundär". Die Synode "muss initiativ und prophetisch sein" im Blick auf die grundlegende human-ökologischen Themen, "sonst ist sie für die 'Katz'", so der Wiener Erzbischof wörtlich. Europäischen Synodenteilnehmern stünde es gut an, zuallererst auf die Bischöfe aus dem Amazonas-Raum zu hören und von ihnen zu lernen. Dies gelte auch für das zweite große Thema der Synode, wo es im Blick auf die dort bedrohten Völker um die Frage geht, wie die Kirche ihren seelsorglichen und missionarischen Dienst wahrnehmen könne. In diesem Zusammenhang werde es u.a. um "viri probati" und die Rolle von Frauen in der Kirche gehen.

"Papst Franziskus erwägt diese Frage", hielt der Kardinal fest und verwies darauf, dass die katholische Kirche bereits konkrete Erfahrungen mit verheirateten Priestern habe. Entscheidend bei der Synode werde aber sein, "was die Bischöfe von dort dazu sagen". Es gehe darum, dass Lösungen für Amazonien gefunden werden, und nicht um Rezepte für die Weltkirche, schränkte der Kardinal ein. Möglicherweise könnten regionale Regelungen dann eine weltweite Vorbildwirkung haben. Er halte es aber für "nicht angebracht, Prognosen zu machen".

Kardinal Christoph Schönborn
Kardinal Christoph Schönborn © (c) APA/HANS PUNZ

286 Synoden-Teilnehmer

Kardinal Schönborn gehört seit einigen Jahren dem zwölfköpfigen begleitenden Rat des Generalsekretariats der Bischofssynode an, das als zuständige Kurieneinrichtung die Bischofssynoden vorbereitet. Der 74-jährige Wiener Erzbischof, der unter den insgesamt 286 Teilnehmern jener mit der größten Synodenerfahrung ist, wurde vom Papst direkt persönlich als Mitglied der Amazonien-Synode ernannt. Er erkläre sich seine Ernennung damit, dass er bei den letzten vier Synoden positiv mitwirken konnte und dass er Europa bei der Versammlung repräsentieren solle, so der Kardinal.

Erste Synodenerfahrungen machte Schönborn als theologischer Berater 1985 bei der Sondersynode zum 20-Jahr-Jubiläum des Konzilsendes, bei der die Herausgabe eines neuen Katechismus angeregt wurde. Als Bischof war Schönborn dann bei den beiden Sondersynoden für Europa (1991 und 1999), bei den beiden Familiensynoden (2014 und 2015) sowie bei den Synoden über Neuevangelisierung (2012) und Jugend (2018). Die Amazonien-Synode ist seine siebente Bischofsversammlung dieser Art.

Der aus Vorarlberg stammende und seit mehr als 50 Jahren in Amazonien tätige Erwin Kräutler war von 1980 bis 2015 Bischof der brasilianischen Prälatur Xingu. Als Mitglied des 18-köpfigen vorsynodalen Rates war der 80-jährige Kräutler wesentlich an der Erstellung des grundlegenden Arbeitspapiers für die nunmehrige Sondersynode beteiligt.