In den Überschwemmungsgebieten in Mosambik sitzen nach Regierungsangaben noch mindestens 15.000 Menschen fest, die dringend gerettet werden müssen. Sie müssten aus unter Wasser stehenden Regionen in Sicherheit gebracht werden, sagte Umweltminister Celso Correia am Donnerstag. Es handle sich um ein "Rennen gegen die Zeit": "Jede Minute zählt", warnte der Minister.

Wichtigste Aufgabe sei es zunächst, die auf von Wassermassen umschlossenen Flecken Land festsitzenden Menschen mit Nahrung, Decken und Medikamenten zu versorgen. Bis Donnerstag wurden laut Correia 217 Todesopfer in Mosambik gezählt. Im benachbarten Simbabwe starben rund hundert Menschen durch die Überschwemmungen im Gefolge des Zyklons "Idai".

Helfer befürchten zahlreiche weitere Opfer

Die Helfer sind besorgt, dass womöglich Tausende weitere Menschen in Mosambik den Überschwemmungen zum Opfer gefallen sind. In der Region Buzi nahe der schwer betroffenen Stadt Beira habe sich ein 125 Kilometer langer und elf Meter tiefer See gebildet, sagte der Nothilfekoordinator des Welternährungsprogramms (WFP) in Mosambik, Pedro Matos.

In dem Gebiet lebten demnach zuvor Hunderttausende Menschen. "Entweder sie konnten fliehen, oder es gibt dort eine sehr hohe Opferzahl", so Matos. Derzeit seien Helfer aber vor allem mit Rettungen beschäftigt.

Wasser steigt weiter

Der Zyklon mit der Stärke vier von fünf war in der Nacht auf Freitag mit Windböen von bis zu 160 Kilometern pro Stunde vom Indischen Ozean bei Beira auf Land getroffen. Es folgten Sturmfluten und massive Überschwemmungen. Im Hinterland von Beira steigen die Pegelstände der Flüsse wegen anhaltenden Regens weiter an. UN-Angaben zufolge sollen in dem Gebiet Tausende Menschen auf Hausdächern und in Baumkronen ausharren.

Der Katastrophenschutzbehörde zufolge sind bisher mindestens 200 Menschen ums Leben gekommen, die Regierung hatte aber am Montag gewarnt, es könne mindestens 1.000 Todesopfer geben. Helfer rechnen mit bis zu 400.000 zeitweise obdachlosen Menschen. Da weite Teile des Landes im Südosten von Afrika - eins der ärmsten Länder der Welt - überschwemmt und von der Außenwelt abgeschnitten sind, ist das ganze Ausmaß der Katastrophe aber noch nicht absehbar.

Tausende Kinder in massiver Gefahr

Ein Einsatzteam von SOS-Kinderdorf in Mosambik hat Beira und die SOS-Einrichtungen in der Hafenstadt erreicht. "Das Ausmaß der Katastrophe ist unbeschreiblich, viele Orte stehen unter Wasser, tausende Menschen, darunter Hunderte Familien und Kinder, sind obdachlos, ohne Nahrung, ohne medizinische Versorgung", berichtete Simiao Mahumana, nationaler Direktor von SOS-Kinderdorf in Mosambik.

Rund 260.000 Kinder sind demnach in Beira und Umgebung in lebensbedrohlicher Gefahr. Es sei es nur eine Frage von Tagen, bis Krankheiten ausbrächen, denn die sanitäre Infrastruktur sei komplett zerstört. Die Lage gleiche einem "apokalyptischen Chaos", schilderte Mahumana. "Viele Buben und Mädchen sind obdachlos und damit schutzlos Missbrauch, Ausbeutung und Verschleppung ausgesetzt. Kinder, deren Eltern tot sind oder die im Chaos der Katastrophe von ihnen getrennt wurden, sind völlig auf sich alleine gestellt."

Darüber hinaus gäbe es zu wenige Ärzte und kaum Psychologen. "Die wenigen sind voll beschäftigt zuerst die Schwerstverletzten zu versorgen", sagte der Direktor. Der extreme Regen habe etwas abgenommen, aber es drohe weitere Gefahr: "Jetzt kommt das Wasser von unten. Flüsse sind stark angeschwollen, zusätzliche Überschwemmungen drohen. Die Staudämme sind randvoll, manche schon geborsten, andere müssen geöffnet werden."

Die SOS-Kinderdörfer arbeiteten mit der Regierung und anderen Organisationen unter Hochdruck daran, zumindest die dringlichsten Probleme in den Griff zu bekommen: "Wir können jede Unterstützung gebrauchen, es ist anzunehmen, dass in den nächsten Tagen die Zahl der Opfer noch steigt", sagte Mahumana.

Überblick fehlt noch

Noch hätten die Helfer keinen vollständigen Überblick über die Lage, "die Stadt ist nur mit Flugzeugen oder Helikoptern zu erreichen, die Kommunikationsinfrastruktur zerstört." Am dringendsten benötigt würden laut Mahumana medizinische und psychologische Hilfe für die Kinder, Zelte, Nahrung und sauberes Wasser, trockene Kleidung und in der Folge Materialen für den Wiederaufbau zerstörter Häuser.

Auch Jugend Eine Welt bat dringend um Unterstützung. Die Projektpartner der Hilfsorganisation - die Salesianer Don Boscos und die Don Bosco Schwestern - seien am Ort der Katastrophe und würden derzeit alle verfügbaren Kräfte mobilisieren, um den notleidenden Menschen zur Seite zu stehen. "Als Soforthilfe sind vor allem Trinkwasser, Nahrungsmittel und Dinge, die man für das tägliche Leben braucht, notwendig", meldete sich der langjährige Projektpartner Elias Chivale aus der Provinz Sofala.

Auch in Simbabwe 200.000 Hilfsbedürftige

Die verheerenden Folgen des tropischen Wirbelsturms "Idai" in Südostafrika werden immer deutlicher: Allein in einem Bezirk in Simbabwe an der Grenze zu Mosambik seien 200.000 Menschen für die nächsten drei Monate auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen, sagte der Sprecher des Welternährungsprogramms, Herve Verhoosel, am Donnerstag in Genf.

Der Bezirk Chimanimani sei zu 90 Prozent beschädigt worden. In Mosambik hätten Helfer rund 100.000 Menschen bisher nicht erreichen können. Wegen anhaltender Regenfälle könne sich die Lage weiter zuspitzen.

Die Regierung von Mosambik gehe zur Zeit von 600.000 Betroffenen aus, aber in der Schneise des Wirbelsturms hätten 1,7 Millionen Menschen gelebt - der Hilfsbedarf sei deshalb womöglich deutlich größer als bisher angenommen, so Verhoosel. 400.000 Menschen hätten aus ihren Wohngebieten flüchten müssen. Für Malawi nannte er 920.000 Betroffene. Das WFP rechnet zunächst mit einem Bedarf von rund 60 Millionen Dollar. Weitere 80 Millionen Dollar könnten aber nötig sein, wenn sich zeige, dass mehr Menschen auf Hilfe angewiesen seien.