Nicht nur in Kärnten und Osttirol tobten Unwetter: Die Bilanz der schweren Unwetter mit Starkregen und Sturmböen, die weite Teile Italiens betrafen, hat sich bis Mittwoch weiter verschlimmert. Mindestens elf Personen kamen seit Montag ums Leben, eine Person ist im süditalienischen Catanzaro noch vermisst, teilte der Zivilschutz mit. Die Behörden haben die Hoffnung aber inzwischen aufgegeben, ihn noch lebend zu finden.

Am Dienstagnachmittag wurde die Leiche eines 61-Jährigen aus Falcade in der Dolomiten-Provinz Belluno geborgen. Sein Auto war mit laufendem Motor und offenen Türen unweit eines Flusses gefunden worden, der wegen der schweren Niederschläge der vergangenen Tage über die Ufer getreten war. Es handelt sich um das zweite Todesopfer in der Provinz Belluno seit Beginn der schweren Unwetter, die seit Sonntag Italien unter Druck halten. Schon am Sonntag waren mindestens fünf Menschen gestorben.

Besonders schwierig war am Dienstag die Lage im Trentino und in Ligurien. Im Küstenort Rapallo, rund 30 Kilometer südöstlich von Genua, riss der Sturm Luxusjachten los und ließ sie stranden. Die Hälfte der rund 400 Jachten, die im touristischen Hafen in Rapallo vor Anker lagen, wurden zerstört, zu ihnen zählte auch ein Schiff von Ex-Premier Silvio Berlusconi. "Zehn Meter hohe Wellen haben stundenlang unsere Gegend heimgesucht. Ein Damm, der den Hafen schützte, wurde zum Teil zerstört", berichteten die Behörden in Rapallo. Der Flughafen von Genua wurde bis 16.00 Uhr geschlossen, alle Flüge wurden gecancelt. Die Gemeinde Portofino war isoliert.

Südlich von Rom und Neapel wurden am Montag vier Menschen durch umstürzende Bäume getötet, wie die Behörden mitteilten. Nahe der ligurischen Hafenstadt Savona wurde eine 88-jährige Frau durch ein herabfallendes Fassadenteil erschlagen. Ein Mann starb in Feltre in der Dolomiten-Provinz Belluno. Zu den Todesopfern zählt auch ein Feuerwehrmann aus dem Südtiroler St. Martin in Thurn. Er soll während des Einsatzes bei starkem Wind von einem Baum getroffen und dabei tödlich verletzt worden sein.

Tot aufgefunden wurde eine Frau, die nach einem Erdrutsch in Dimaro im Trentino als vermisst gemeldet worden war. Ihr Haus war von der Mure weggerissen worden. In Dimaro trat ein Wildbach über die Ufer, 200 Menschen wurden in Sicherheit gebracht. Zu den Todesopfern zählt auch ein 63-Jähriger aus Rimini. Der Kitesurfer wurde wegen des starken Windes gegen einen Felsen geschleudert, er erlag seinen schweren Wunden. In Trentino wurde die Leiche eines Fischers geborgen, der infolge des starken Windes in den Levico-See in Trentino gefallen war. Er wollte den Zustand seines Bootes prüfen, als er ins Wasser stürzte, berichteten Medien.

In den Provinzen Belluno und Treviso kam es zu Stromausfällen. 160.000 Haushalte waren betroffen. Überschwemmungen und Erdrutsche wurden auch in Kärntens Nachbarregion Friaul Julisch Venetien gemeldet. Die Schlechtwetterfront lähmte das Land von Nord bis Süd. Schulen und Kindergärten blieben in vielen Regionen geschlossen, darunter in Venetien, in Ligurien, in ganz Rom und in Teilen der Toskana. Auch am Dienstag sollten sie in vielen Orten, darunter in Rom, geschlossen bleiben.

180 Menschen sitzen auf Gebirgspass fest

Rund 180 Personen, darunter Touristen und Personal von Hotels, sitzen bereits seit Samstag am Stilfserjoch, dem Gebirgspass in den Ortler-Alpen zwischen der Lombardei und Südtirol, fest. Wegen eines heftigen Schneesturms sind alle drei Zugangsstraßen zum Pass mit einer Höhe von 2.757 Meter unterbrochen, berichteten italienische Medien.

Tot aufgefunden wurde eine Frau, die nach einem Erdrutsch in Dimaro im Trentino als vermisst gemeldet worden war. Ihr Haus war von der Mure weggerissen worden. In Dimaro trat ein Wildbach über die Ufer, 200 Menschen wurden in Sicherheit gebracht. Im Trentino bleiben auch am Mittwoch die Schulen geschlossen.

Die Dolomiten-Bergortschaft Plodn/Sappada, deutsche Sprachinsel in der Provinz Belluno, ist seit Montagnachmittag vom Rest der Welt abgeschnitten. Eine zur Gemeinde führende Straße war wegen eines Erdrutsches unterbrochen, eine zweite wurde wegen der Gefahr einstürzender Bäume geschlossen. In der Provinz Belluno wird eine Person vermisst. Die Stromversorgung wurde unterbrochen. Gebäude entlang des Flusses Piave wurden beschädigt. Rund 20.000 Haushalte waren in der Provinz Udine ohne Strom.

Markusplatz in Venedig unter Wasser

Das Hochwasser in Venedig hat der weltberühmten Markusbasilika Schäden zugefügt. Einige Dutzend Quadratmeter des antiken Mosaik-Fußbodens in Marmor wurden von Salzwasser überschwemmt. Wasser drang auch in das Baptisterium und in die Kapelle Zen ein, in der sich Bildzyklen oder Einzelszenen aus der Legende des Heiligen Markus befinden.

Das Wasser erreichte auch die byzantinischen Bronzetore und die Säulen, teilten die Behörden in Venetien mit. "In 24 Stunden ist die Markusbasilika um 20 Jahre gealtert", betonte Carlo Alberto Tesserin, der für die Basilika zuständig ist. Im neuen Jahrtausend wurde die Basilika zum zweiten Mal überschwemmt. Die Überschwemmung vom Montag war die fünfte in der tausendjährigen Geschichte der Basilika.

Seit Mai sind Arbeiten für ein System zum Schutz des Markusplatzes im Gange. Damit sollen die Überschwemmungen drastisch reduziert werden, die jährlich das Fundament der Markusbasilika gefährden. Die Kanalisation rund um den Markusplatz soll geschlossen und der Platz mit einem hydraulischen System trockengelegt werden. Ziel sei in erster Linie der Schutz des Mosaikbodens der Markusbasilika. Der Eingang des im Jahr 1063 errichteten Wahrzeichens von Venedig ist der tiefste Punkt des gesamten Stadtkerns. Bisherige Pläne zum Schutz des Markusplatzes wurden nie konkretisiert.

In einem Ausstellungshaus wurden zwei Gemälde des spanischen Künstlers Joan Miro beschädigt. Die beiden Werke, die insgesamt eine Millionen Euro wert sind, wurden umgehend zur Restaurierung in ein Atelier gebracht.

Zertrümmerte Autos in Rom

Auch in Rom gab es weiter starke Niederschläge und Wind. Bäume stürzten auf Autos und zertrümmerten sie. In der Dolomitenstadt Cortina mussten 40 Personen ihre Häuser verlassen, weil der Fluss Bigontina über die Ufer zu treten drohte. Auch im Raum der norditalienischen Stadt Vicenza kam es zu Überschwemmungen. Flüsse traten in der Region Venetien über die Ufer, Straßen waren unterbrochen.

Der Pegel des Po, des längsten Flusses Italiens, stieg infolge der schweren Niederschläge innerhalb von 24 Stunden um zweieinhalb Meter. Nach extremer Dürre im September gilt ganz Norditalien als besonders von Überschwemmungen bedroht, weil der harte und ausgetrocknete Boden das Wasser nicht aufnimmt.

22.000 Haushalte in Ligurien ohne Strom

Von den Unwettern besonders betroffen war am Dienstag die Region Ligurien. Der Flughafen von Genua wurde bis 14.00 Uhr geschlossen, alle Flüge wurden gecancelt. Auch alle Häfen Liguriens wurden über Nacht geschlossen. Ankommende Schiffe mussten vor der Küste auf ein Ende des Sturmes warten, teilte Präsident der Region, Giovanni Totti, am Montagabend in Genua mit.

Im Küstenort Rapallo, rund 30 Kilometer südöstlich von Genua, riss der Sturm mehrere Luxusjachten aus ihren Vertäuungen und ließ sie stranden. Beschädigt wurde auch eine Jacht von Italiens Ex-Premier Silvio Berlusconi. Der ganze touristische Hafen sei verwüstet, klagte der Bürgermeister Rapallos Carlo Bagnasco. Die Badeortschaft Portofino war isoliert, nachdem die Verkehrsachse, die zur Kleinstadt führt, schwer beschädigt worden ist. In ganz Ligurien waren 22.000 Haushalte ohne Strom.

Die Autobahn Mailand-Bologna war zwischen Piacenza und Fiorenzuola wegen Überflutungen gesperrt. Mehrere Menschen wurden in Mailand, Rom und Pescara durch umstürzende Bäume verletzt. Auch aus der toskanischen Provinz Grosseto wurden Überschwemmungen gemeldet.

Landesweit zählte die Feuerwehr rund 7000 Einsätze seit Beginn der Unwetter. Am Flughafen in Genua wurde der Betrieb vorübergehend eingestellt. Die Schulen der Stadt blieben am Dienstag ebenso wie in Rom und anderen Landesteilen weiterhin geschlossen.

Zwei Tote in Slowenien durch Erdrutsch

In Slowenien galt seit Montag höchste Unwetterwarnung. Nahe der Stadt Maribor kamen ein 80-jähriger Autofahrer und sein 76 Jahre alter Beifahrer bei einem durch einen Erdrutsch verursachten Unfall ums Leben.

In Kroatien stand die Hafenstadt Rijeka unter Wasser, zahlreiche Fährverbindungen wurden eingestellt. Im Schweizer Kanton Tessin waren zahlreiche Straßen wegen Überschwemmungen oder umgestürzter Bäume unpassierbar.

Wintereinbruch in Frankreich und Spanien

Frankreich und Spanien wurde unterdessen vom frühen Wintereinbruch überrascht. Im südfranzösischen Zentralmassiv blieben mehr als 2.000 Lastwagen und Pkw im Schnee stecken, die Insassen mussten die Nacht zum Dienstag in ihren Fahrzeugen verbringen. 400 Reisende steckten am Bahnhof in Lyon fest und mussten in Zugwaggons übernachten.

Rund 60.000 Halshalte waren am Dienstagabend in Frankreich weiterhin ohne Strom. Im nordwestspanischen Asturien halfen mehr als hundert Soldaten dabei, die durch heftigen Schneefall unterbrochene Stromversorgung wieder herzustellen.

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Sturm tobte auch in Tschechien und der Slowakei

Ein heftiger Sturm hat in Tschechien Bäume umgestürzt und Dächer abgedeckt. Wegen beschädigter Freileitungen waren am Dienstag nach Angaben der Versorger rund 30.000 Haushalte vorübergehend ohne Strom. Die Feuerwehren rückten zu Hunderten Unwetter-Einsätzen aus. Mehrere Bahnstrecken waren nicht mehr passierbar. Besonders betroffen war die Region um Trutnov (Trautenau) im Nordosten des Landes.

In der benachbarten Slowakei fuhr ein Triebwagenzug der Bahn gegen einen umgestürzten Baum. Bei dem Unfall im Bezirk Turcianske Teplice (Bad Stuben) wurden fünf der rund 75 Fahrgäste verletzt, wie die Agentur Tasr unter Berufung auf die Rettungskräfte berichtete.

Der Sturm brachte warme Luftmassen vom Balkan nach Tschechien. Nach Angaben des staatlichen Wetterdienstes Chmu wurden gegen Mittag Temperaturen um die 19 Grad erreicht. Auch in der Slowakei war es mit teils mehr als 21 Grad für die Jahreszeit ungewöhnlich warm.