Bunte Bahnen zieren die Wiese am Ortsanfang von Puch bei Weiz, Knoten werden geknüpft, Karabiner eingehakt. Am Ballonplatz herrscht reges Treiben. 30 Ballone werden fertig für den Start gemacht. Hunderte Schaulustige drängen sich am Gelände. Grund ist die 47. Apfelmontgolfiade - mit Golfen hat die wenig zu tun.
„Das kommt von den Gebrüdern Montgolfier, die den Heißluftballon, die sogenannten Montgolfiere erfunden haben“, klärt Organisator Johann Almer alias „Himmelvater“ auf. Auch ich darf heute - zum ersten Mal - „mitfliegen“. Es heißt „Fahren“, nicht „Fliegen“, rügt mich der Obmann des Ballonclubs Puch und betont: „Alles, was mit Gas oder Luft betrieben wird, fährt und fliegt nicht.“ Der Begriff sei von der See- in die Luftfahrt übernommen worden. Denn: Einen Ballon kann man nicht steuern, er fährt mit dem Wind, oder wie es Pilot Dominik Pagger poetisch beschreibt: „Du bist ein Spielball des Windes.“
Der 25-Jährige aus Lebing (Floing) gibt mit einem Generator dem Ballon ordentlich Luft, er ist hauptberuflich Ballon-Pilot und hat bereits 450 Fahrten hinter sich. Mit einem Doppelbrenner erhitzt er die Luft. Die bunte Stoffschale hebt sich, bäumt sich auf, wächst Richtung Himmel. Dann muss es schnell gehen. Ich klettere in den Korb. Der Ballon beginnt zu steigen. Der Startplatz, auf dem sich auch die anderen Ballone aufrichten, wird immer kleiner. Apfelanlagen, Kulm, Rabenwald - alles wirkt wie Miniaturen.
„Ich bin der Martin“, sagt einer der drei Männer, die sich mit mir im Ballonkorb befinden und streckt mir seine Hand hin. „In der Luft sind wir alle per Du.“ Martin ist der Bruder von Dominik. Für die Pagger-Brüder ist die Luftfahrt Leidenschaft. Vor 16 Jahren hat Martin den Pilotenschein gemacht, mit 17 Jahren war er damals der jüngste Ballonpilot Österreichs. Auch ein Fallschirmspringer ist mit an Bord. Martin Brüstle aus Fürstenfeld hat bereits 1500 Sprünge aus luftigen Höhen gewagt, ein Sprung aus dem Heißluftballon ist aber auch für ihn etwas Besonderes.
Ein Gänseblümchen treibt im Wind
Dominik gibt dem Ballon, den er wegen der Musterung liebevoll „Gänseblümchen“ nennt, ordentlich Feuer. 1600 Meter hoch schwebt es in der Luft. Unter uns schimmert der Stubenbergsee. „Das wäre ein super Platz für mich zum Landen“, sagt der Fallschirmspringer und deutet auf einen grünen Fleck neben dem See. Brüstle steigt über die Brüstung des Korbes. „Drei, zwei, eins, Go“, zählen die Pagger-Brüder. Brüstle lässt los. „Viel Spaß euch noch“, ruft er uns nach, während er fällt. Er wird immer kleiner, der Fallschirm öffnet sich und tanzt Richtung Erde.
Erst jetzt erkenne ich die zahlreichen anderen bunten Feuerbälle, die sich hinter uns am Himmel zeigen. „Wohin fahren die alle?“, will ich wissen. Martin Pagger beugt sich über den Korb und spuckt in die Tiefe. Die Spucke fliegt nach links. Auf meinen fragenden Blick hin antwortet er: „Am Flug erkenne ich, woher der Wind kommt. Er kommt aus Westen, wir werden es wohl bis ins Hartbergerland schaffen.“
Wie ein Zahnstocher wirkt die „winzige“ Ringwarte, die Greinbacher Rennstrecke schlängelt sich vor uns. „Jetzt werden wir uns ein Plätzchen zum Landen suchen“, sagt Dominik. Sanft lässt er den Ballon sinken. Der Korb streift über Kukuruzstauden. Auf einer frisch gemähten Wiese in Unterlungitz landen wir, sanft und ohne Rumpeln. Minuten später ist auch schon das Bodenpersonal da, um uns und den Ballon einzufassen.
Mit Bier, Spritzer und Apfelfrizzante wird auf die erfolgreiche Fahrt angestoßen. Frizzante bekomme ich auch auf mein Haupt, nämlich bei der offiziellen Ballonfahrertaufe, bei der eine Locke lassen muss und geadelt werde. Ab sofort darf ich mich „Gräfin Veronika, rasch hoch über das Apfelland empor steigende, weit ins Land blickende, Fallschirmspringer raus schmeißende Reporterin, die lauen Herbstwinde bereitend von und zu Unterlungitz“ nennen. Na, dann: Prost und wie die Ballonfahrer zu sagen pflegen: Glück ab, gut Land.“