Ein bisschen ist es so wie beim Kochen: Zwar kommen 80 Prozent der Reitsportbegeisterten aus dem weiblichen Lager – aber in der sportlichen Eliteklasse sind dennoch traditionell die Männer in der Überzahl. Dabei gibt es (weder am Herd noch auf dem Pferd) einen rationalen Grund, warum Frauen benachteiligt sein sollten. Weil nämlich die Anforderungen im Reitport so vielseitig sind, dass der natürliche körperliche (Kraft-)Nachteil des angeblich "schwächeren" Geschlechts im Wettbewerb keine Rolle spielt und demnach in vielen Reitsportdisziplinen völlig zu Recht keine Geschlechtertrennung herrscht.

Harald Riedl, einer der besten Reitsportler der letzten Jahrzehnte in Österreich und Olympiateilnehmer von 2004 weiß, was das Besondere dieser Sportart ausmacht: "Auch wenn's allzu logisch klingt – aber ein Pferd ist kein Sportgerät, das man verwendet und dann ins Eck stellt. Es ist ein Lebewesen, für das der Sportler Verantwortung übernimmt; um das er sich kümmern muss, das viel Einfühlungsvermögen braucht – und bei dem man akzeptieren muss, dass es einen eigenen Kopf und Willen hat. Aus dieser Besonderheit entstehen die schönsten Erlebnisse, die ich mir im Sport vorstellen kann", schwärmt der Profi.

Über Wald und Wiesen

Und zweitens, sagt Harald Riedl, seien auch die Naturerlebnisse beim Reiten besonders intensiv. Es schaut ja auch für den Laien absolut idyllisch aus, wenn man ein Pferd mit Reiter auf dem Rücken locker über Wald und Wiesen traben sieht. Was übrigens auf allen öffentlichen Wegen gesetzlich erlaubt ist, sofern sie nicht durch ein "Reiten verboten"-Schild anderweitig markiert sind. Ein bisschen anders ist die rechtliche Lage, wenn der berittene Weg – wie zum Beispiel viele Waldwege – auf Privatgrund liegt: "Wenn man sich rücksichtsvoll verhält, wird der Besitzer im Regelfall nichts dagegen haben. Besser ist es freilich, im Vorhinein anzufragen. Und ansonsten gilt wie immer im Leben: Wie man in den Wald hineinruft, so kommt es zurück", empfiehlt der Profi.

Falls jetzt ein Reitneuling schon den Ruf der "Prärie" zu vernehmen glaubt – dann sei vor übereilten Aktionen eindringlich gewarnt: "Reiten muss man unbedingt gründlich von Null weg erlernen." Der erste Schritt zu Trab und Galopp führt daher grundsätzlich in einen Reitbetrieb, und zwar in einen mit staatlich geprüften Reitlehrern. Riedl: "Unbedingt nachfragen, denn das ist leider nicht überall der Fall." Zehn bis 15 sogenannte "Longestunden" sollten am Beginn jeder Reitkarriere stehen: Dabei wird das Pferd an der "Longe", einer langen Leine, geführt und dem Schüler wird das kleine Einmaleins der Reitkunst beigebracht. Vom richtigen Sitzen im Sattel übers "Lenken", "Bremsen" und "Gasgeben".

Gspür fürs Tier

Dass man zum Reiten auch eine Menge Gleichgewichtsgefühl braucht, wird Anfängern bald bewusst. Und auch etwas Kraft – der Muskelkater am Tag nach der ersten Einheit dient als Beweis. Dies alles erarbeitet man sich in diesen ersten Stunden genauso wie das "Gespür" fürs Pferd. "Und das gelingt natürlich umso schneller, je öfter man reitet", weiß Trainer Harald Riedl: Wessen Zeitbudget es erlaubt, der sollte möglichst viele Reitstunden in kurzer Zeit absolvieren – vier pro Woche wären ideal. "So macht man schnellere Fortschritte, als wenn man nur ein- bis zweimal pro Woche übt." Freilich kommt es auch aufs Talent an, wie viele Longestunden man letztlich benötigt.

Ebenfalls noch in den ersten Unterrichtsstunden werden die grundlegenden Verhaltensregeln über den Umgang mit einem Pferd gelehrt. Zum Beispiel, wie man die Stimmung eines Pferdes erkennen kann, wie man mit ihm kommuniziert oder dass man sich dem Tier nie von hinten nähert. Ganz logisch, wenn man weiß, dass Pferde aus Sicht der Evolution "Fluchttiere" sind, mitunter erschrecken und mit unerwarteten Bewegungen reagieren. Was bei gut 800 Kilo Gewicht nicht ganz ungefährlich ist ...