Die Piloten der AUA-Mutter Lufthansa haben für morgen, Freitag, einen ganztägigen Streik beschlossen. Bestreikt werden sollen im Tarifkonflikt alle Abflüge aus Deutschland der Kerngesellschaft Lufthansa sowie der Lufthansa Cargo, wie die Gewerkschaft VC mitteilte. Der 24-stündige Streik dürfte zu massiven Flugausfällen führen und Tausende Passagiere betreffen. Die Lufthansa verurteilt den Streik und will über die Flugstreichungen im Laufe des Tages informieren.

"Um Arbeitskämpfe abzuwenden, muss Lufthansa ein deutlich verbessertes Angebot vorlegen", erklärte der Tarifchef der Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC), Marcel Gröls, laut einer Mitteilung. Offizieller Anlass des Arbeitskampfes sind die aus Sicht der Gewerkschaft gescheiterten Verhandlungen über einen neuen Gehaltstarifvertrag. Auch eine Sondierungsrunde hinter verschlossenen Türen und ein verbessertes Angebot des Unternehmens aus der vergangenen Woche hatten keinen Durchbruch gebracht. Zuletzt waren an diesem Mittwoch Gespräche ergebnislos geblieben.

"Fehlt jedes Verständnis für Streikaufruf"

Die Lufthansa habe den Termin nicht für ein verbessertes Angebot genutzt, erklärte die VC. Sie verlangt für die rund 5000 Kapitäne und Ersten Offiziere Gehaltssteigerungen von 5,5 Prozent im laufenden Jahr und einen automatisierten Inflationsausgleich ab dem kommenden Jahr.

"Uns fehlt jedes Verständnis für den Streikaufruf der VC", erklärte Personalchef Michael Niggemann. Die Lufthansa habe ein sehr gutes Angebot gemacht, während die Forderungen der VC die Personalkosten im Cockpit um rund 40 Prozent erhöhten. Auf eine Laufzeit von zwei Jahren würde das eine Mehrbelastung von 900 Millionen Euro bedeuten. Die Lufthansa nannte heute auch Details zum Verhandlungsstand. Danach habe das Unternehmen zuletzt eine Erhöhung der monatlichen Grundvergütung um pauschal 900 Euro angeboten. Bezogen auf die Laufzeit von 18 Monaten würde das Zuwächse von 18 Prozent für Berufsanfänger und 5 Prozent für Kapitäne in der Endstufe ergeben, teilte Lufthansa am Donnerstag mit.

Rückflüge sind vom Streik ausgenommen

Bestreikt werden sollen die von Deutschland abgehenden Flüge der Lufthansa. Rückflüge sind ausgenommen, damit Piloten aus dem Ausland heimkehren können.

Im Hintergrund schwelt zudem ein Konflikt über die künftige Konzernstrategie. Die VC hatte sich in der Vergangenheit die exakte Zahl von 325 Flugzeugen garantieren lassen, die ausschließlich von den rund 5000 Kapitänen und Ersten Offizieren geflogen werden durften, die dem Konzerntarifvertrag unterlagen. Die Lufthansa hatte unter dem Eindruck der Coronakrise die entsprechende Vereinbarung aufgekündigt und begonnen, unter dem Kranich-Logo einen neuen Flugbetrieb (AOC) mit niedrigeren Tarifbedingungen aufzubauen. Die neue Airline mit der internen Bezeichnung "Cityline 2" soll im Europa-Verkehr zahlreiche Flüge der bisherigen Kerngesellschaft übernehmen.

Laut VC haben bei der Urabstimmung in der Lufthansa-Passage 97,6 Prozent für den Arbeitskampf gestimmt, bei der kleineren Lufthansa Cargo waren es sogar 99,3 Prozent. Die Beteiligung lag laut Gewerkschaft in beiden Flugbetrieben bei über 93 Prozent. Erforderlich war eine Zustimmung von mehr als 70 Prozent aller Stimmberechtigten.

Noch kein Streiktermin für Eurowings

Die Piloten-Gewerkschaft hat sich auch bei der größten Lufthansa-Tochter Eurowings mit ihren rund 100 Flugzeugen streikbereit gemacht. Laut der am Mittwoch ausgezählten Urabstimmung haben dort 97,9 Prozent für einen möglichen Arbeitskampf gestimmt. Allerdings steht dort in der kommenden Woche noch ein Verhandlungstermin zum strittigen Manteltarif aus, sodass für die Eurowings zunächst kein konkreter Streiktermin genannt wurde.

Die Lufthansa Cargo war mit ihren rund 4000 Beschäftigten selbst in der tiefsten Coronakrise die Ertragsperle des Konzerns. Angesichts der weltweit gestörten Lieferketten stieg die Bedeutung der Luftfracht, sodass die Logistik-Tochter auch im Coronajahr 2021 rund 1,5 Milliarden Euro operativen Gewinn ablieferte, was sich im laufenden Geschäftsjahr ungefähr wiederholen soll.

Erst im Juli streikte das Bodenpersonal

Erst im Juli hatte die Gewerkschaft Verdi mit einem Warnstreik des Bodenpersonals den Flugbetrieb der größten deutschen Airline für einen ganzen Tag nahezu lahmgelegt. Es fielen über 1000 Flüge aus, und rund 134.000 Passagiere mussten ihre Reisepläne ändern. In der anschließenden Verhandlungsrunde erreichte die Gewerkschaft für die rund 20.000 Bodenbeschäftigten Gehaltssteigerungen, die insbesondere in den unteren Lohngruppen deutlich zweistellig ausfielen.

Der vorerst letzte Pilotenstreik bei Lufthansa endete im Februar 2017 nach 14 Runden und einer letztlich erfolgreichen Schlichtung. Der 2012 begonnene Arbeitskampf hat die Lufthansa nach damaligen Angaben mindestens 500 Millionen Euro gekostet.