Sie sehen mit 79 blendend aus – und fühlen sich auch nicht zur Risikogruppe gehörend?
ROBERT ROGNER: Ich bin voll Tatendrang. Man kann ja im Betrieb nicht alles fallen lassen, nur weil Corona auftaucht.

Wie war der Zwang des Zusperrens in Ihrem Hotel in Blumau?
Brutal. Wir waren voll, mussten 600 verzweifelte Gäste aus dem Haus bringen und gingen mit 320 Leuten in Kurzarbeit. Bis auf die Maler, mit denen und dem Architekten haben wir die Zeit genutzt – Blumau erstrahlt wieder in neuem Glanz.

Zwei Monate ohne Lebensaufgabe als Gastgeber – wie war das?
Ich kam mir vor wie in einem Gefängnis. Aber wir haben so viele Stammgäste, für die haben wir alles hergerichtet. Die Eröffnung heute wird wie eine Neugeburt, eine Neueröffnung.

Was wird anders sein?
Alles wird anders sein und es wird mindestens ein Jahr dauern, bis sich die Wirtschaft stabilisiert. Wir haben dank der Stammgäste hohe Nachfrage.

Wie wird das in der Therme?
Die Leute können in die Therme, das Wasser ist kein direkter Überträger des Virus. Unseres hat 104 Grad Celsius, da kann nichts kommen. So heiß wird natürlich nicht gebadet, aber man badet in einem Urmeer, das wir in der Tiefe gefunden haben. Mineralisiert wie das Tote Meer. Damit füllen wir täglich das Becken neu.

"Den Leuten zu viel Angst eingejagt"

Wie sehen Sie die Auflagen?
Ich halte die Regeln für überzogen. Natürlich ist jetzt etwas passiert, das es noch nie gab. Weder Hitler, Stalin noch Mao schafften es, dass die ganze Welt stillsteht. Das Virus ist der größte Diktator, den es je gab.

Regierungen mussten mit dem Diktator umgehen. Gelang das?
In Österreich im Wesentlichen: ja. Wir sind glimpflich davongekommen. Meines Erachtens hat die Regierung aber mit Warnungen vor 100.000 Toten den Leuten zu viel Angst eingejagt.

In Österreich geriet eine Tourismusindustrie in den Ruf der Virenschleuder, Stichwort Ischgl.
Ischgl hat vielleicht zu spät reagiert, man hoffte wohl, dass es so vorbeigeht. Größere Cluster sind aber Fußballstadien.

Wie verändert es die Hotellerie?
Die meisten Hotels sind beim Eigenkapital unter Wasser. Denen hilft auch eine 90-Prozent-Garantie bei der Bank nichts. Es wird so viele Insolvenzen geben wie noch nie. Die Kurzarbeitsregelung ist aber gut gemacht.

"Hundertwasser war der erste Grüne"

Wie wird sich das Hotelgeschäft weltweit wandeln?
Es ist eine Katastrophe, aber jedes Gewitter ist auch reinigend. Auswüchse im Tourismus werden eingegrenzt. Wie es auf den Flughäfen zuging! Das Taxi vom Hotel war dann teurer als der Flug. Die Leute kamen zu Hunderttausenden, es gab keine Grenzen mehr. Dass Deutsche in Gran Canaria überwintern, weil es billiger ist als zu Hause, hat mit Tourismus nichts mehr zu tun.

Sie sind der Erfinder des sanften Tourismus. Wird Tourismus jetzt nachhaltiger werden?
Auf jeden Fall. Der Gast wird vor dem Urlaub einmal nachdenken, warum und wohin er verreist. Dieses Nachdenken wird wesentlich. Früher ist er einfach drauflosgefahren nach Lignano oder sonst wohin. Es wird keine Vollbremsung, aber eine Halbbremsung geben. Als wir Friedensreich Hundertwasser als Architekten für Blumau holten, galt er als Spinner, dabei war er der erste Grüne. Das ist unser unverwechselbarer Ruf.

Haben nun Regionen wie die Steiermark und Kärnten Trümpfe?
Sicher. Es ist ja schön bei uns. Österreich wird Coronafolgen leichter handeln als Massendestinationen wie die Türkei.

Wie geht das große steirische Asset der Thermen daraus hervor?
Die Thermen haben den Vorteil als Ganzjahresdestinationen und werden gut abschneiden. Blumau wurde jetzt fünf Mal en suite zur beliebtesten Therme in Österreich gewählt, das stört die Steirer, dass das einem Kärntner gelingt. Gesundheit gepaart mit Erholung wird gefragt sein.

Täglich Buch über Corona-Herde geführt

Haben Sie mitgelitten bei den vielen Opfern in der Steiermark?
Sehr. Ich habe täglich Buch geführt, wo Herde sind, und die starke Betroffenheit des Bezirkes Hartberg-Fürstenfeld in den Altenheimen war ein Horror.

Kärnten kam mit blauem Auge davon. Darf es eine Renaissance der Sommerfrische erwarten?
Die wird es nie mehr geben. Es hatte einst im Sommer 18 Millionen Nächtigungen, jetzt die Hälfte. Es werden auch keine neuen Betten gebaut.

Die Bauerndörfer, die Sie einst bauten, sind besonders gefragt, weil sie einzeln Rückzug bieten.
Aus denen haben sich die Resorts entwickelt. Die werden auch in Zukunft gut gehen. Die Stadthotellerie trifft es hingegen besonders hart. Edelhotels in den Städten kriegen Probleme, es kommen mehr Low-Budget-Hotels.

Was macht der Digitalschub von Schule bis Homeoffice mit dem Tourismus, der jetzt schon in den Fängen von Booking.com ist?
Unter Booking & Co haben alle sehr gelitten. Ich hoffe, dass der Gast wieder das Hotel selbst sucht und sich nicht vom Algorithmus lenken lässt.

Urlaubsstimmung mit Masken?
Nein. Das Plexiglas bei der Rezeption wird bald wegkommen. Dass man vom Zimmer zum Restaurant die Maske braucht, zur Toilette aber nicht, ist ein Unsinn. Das gehört weg.

Die Angst der Regierung vor der zweiten Welle verstehen Sie?
Zweite Welle? Die Politiker sind meiner Meinung nach schlecht beraten, aber haben jeden Tag eine irre Bühne. Die wird ihnen abgehen, wenn sie weg ist.

In Europa ist sich jeder selbst der Nächste

Das Bild, das Europa abgibt?
Da ist jeder sich selbst der Nächste. Man wird sehen, wer da 500 Milliarden bekommt.

Stehen Sie da auf der Seite von Sebastian Kurz oder von Angela Merkel und Emmanuel Macron?
Da hat Kurz recht. Es ist nicht gerecht, dass alle Schulden machen und Italien und Spanien Geld hingeben, machts, was ihr wollt. Geschenkt ist nie eine gute Investition.

Dass Österreich für Gäste mit den Grenzen pokert ...
... das macht eh jedes Land. Markus Söder will am liebsten einen Zaun um Bayern. Das ist nicht Europa, wie es sein soll.

Wie geht es Ihnen mit Ihrem Hotel in Tirana?
Es ist alles gleich wie in Österreich. Das Hotel ist offen, aber Albanien ist ohne italienische Gäste regungslos. Dass die ganze Welt stillsteht, schaffte nicht einmal Alexander der Große.

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