Der Präsident der Deutschen Bundesbank, Jens Weidmann, hat den grundsätzlichen Anspruch Deutschlands unterstrichen, bei der Wahl des EZB-Chefs auch einmal zum Zuge zu kommen. "Es wäre sicherlich schlecht, wenn der Eindruck entstünde, dass es bestimmte Nationalitäten gibt, die von der EZB-Präsidentschaft grundsätzlich ausgeschlossen sind", sagte Weidmann am Sonntag.

Das würde aus seiner Sicht das Vertrauen in die Geldpolitik untergraben, so der Bundesbank-Chef beim Tag der offenen Tür in der Bundesbank-Zentrale in Frankfurt. EZB-Präsident Mario Draghi scheidet im Oktober nach acht Jahren aus dem Amt. Der Italiener folgte auf dieser Schlüsselposition dem Franzosen Jean-Claude Trichet. Erster Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) war der Niederländer Wim Duisenberg. Deutschland ist bisher noch nicht zum Zuge gekommen. Es wird davon ausgegangen, dass das Ergebnis der Europa-Wahl wichtige Weichen für die Wahl des nächsten EZB-Präsidenten stellen wird.

Über seine eigenen Ambitionen hielt sich Weidmann weitgehend bedeckt. Er bekräftigte lediglich frühere Äußerungen, wonach jedes Mitglied im EZB-Rat auch die Bereitschaft haben müsse, Verantwortung zu übernehmen. "Wir sitzen ja da nicht, um zuzuschauen, wie andere Entscheidungen treffen, sondern wir wollen mitwirken, wir wollen Dinge beeinflussen." Das gelte nicht nur für ihn, sondern für alle Mitglieder des EZB-Rats.

Weidmann sieht die Geldpolitik im Euro-Raum trotz der Konjunkturrisiken nicht unter Zugzwang. "Das ist keine Situation, in der (...) die Preise zurückgehen und in der wir jetzt darauf reagieren müssten", sagte er. Es sei davon auszugehen, dass die Auslastung der Kapazitäten in der Wirtschaft weiter hoch bleibe. "Damit steigt dann auch der Preisdruck", fügte er hinzu. Das sei jedenfalls das Basisszenario für die geldpolitischen Entscheidungen.

Bisher geht die EZB in ihren Prognosen davon aus, dass die Wirtschaft des Währungsraums im zweiten Halbjahr wieder zu stärkeren Wachstumsraten zurückkehren wird. Die nächste Zinssitzung der Währungshüter ist für den 6. Juni anberaumt. Dann werden der Notenbank auch neue Prognosen der hauseigenen Volkswirte vorliegen, die für die Entscheidungen von großer Bedeutung sind.

Die EZB hält ihre Zinsen bereits seit März 2016 auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent, um die Wirtschaft anzukurbeln und die aus ihrer Sicht immer noch zu schwache Inflation anzuschieben. Zwischenzeitlich erwarb sie sogar Staatsanleihen und andere Wertpapiere im Billionenumfang. Weidmann zufolge haben die Währungshüter aber immer noch reichlich geldpolitische Pfeile im Köcher, um im Ernstfall reagieren zu können. Da könne man "auf die Fantasie und den Erfindungsreichtum