Das politische Hickhack rund um den Brexit bringt selbst Roboter an ihre Grenzen. Die schiere Masse an Nachrichten über den EU-Ausstieg der Briten stellt Computer, die über Algorithmen mit Devisen handeln, vor völlig neue Herausforderungen.

Seit Wochen hängt das Schicksal der britischen Währung an verworrenen Abstimmungen von Politikern, die bis jetzt nie auf der Bühne der Finanzmärkte in Erscheinung getreten sind. Einige Hedgefonds haben sich Brancheninsidern zufolge deshalb aus dem Billionen-Dollar-Markt schon zurückgezogen.

Modelle basieren auf historischen Daten

"Die unzähligen Brexit-Headlines in den Nachrichten machen den computergestützten Handelssystemen einen Strich durch die Rechnung, da die Modelle auf historischen Daten basieren", sagt Neil Jones, leitender Devisenhändler bei der japanischen Bank Mizuho. Die Algorithmen der Computer - in der Fachsprache auch Algos genannt - werten seit einiger Zeit zudem nicht nur klare Fakten wie Konjunkturdaten oder Mitteilungen von Zentralbanken aus, sondern versuchen, aus Nachrichten im Internet Impulse für den Handel mit Aktien oder Währungen zu ziehen.

Problematisch wird dies, wenn viel zu viele Texte mit dem betreffenden Schlagwort veröffentlicht werden. So publizierte allein die Nachrichtenagentur Reuters in den vergangenen Wochen pro Tag manchmal bis zu 400 Artikel zum Brexit. Bevor die ganze Welt auf die Abstimmungen im britischen Unterhaus geschaut hat, waren es gerade einmal um die 15 Texte täglich.

Es "menschelt" den Robotern zu sehr

Außerdem "menschelt" es den Handelsrobotern bei den hitzigen politischen Debatten in London zu sehr. Selbst eingefleischte Analysten und Händler durchschauen das öffentliche Gezerre um einen Ausstiegstermin nicht mehr. So reichte vor wenigen Wochen ein lauter "Order"-Ruf des bis dato unbeachteten Parlamentssprechers John Bercow, um das Pfund in den Keller zu schicken.

Und als Ex-Brexit-Minster Dominic Raab Anfang November nach einem Kabinettstreffen nur seinen Daumen hob und dies über den Kurznachrichtendienst Twitter in die Welt verbreitet wurde, ging das Pfund durch die Decke. "Man kann zu Recht behaupten, dass man das wechselhafte April-Wetter auf der Insel verlässlicher prognostizieren kann, als den weiteren Fortgang der Brexit-Saga", sagt BayernLB-Analyst Manuel Andersch.