Ist der Höhepunkt einer Krise überstanden, macht man sich für gewöhnlich daran, über das Erlebte in allen Aspekten Bilanz zu ziehen. Im Falle der Corona-Pandemie betrifft einer dieser Aspekte die Frage, wie sich der globale Shutdown auf die Treibhausgasemissionen ausgewirkt hat. Grobe Abschätzungen gab es diesbezüglich bereits,  jetzt wollte es ein internationales Forscherteam genauer wissen. Dafür nahmen die Wissenschaftler rund um Corinne Le Quere von der britischen University of East Anglia quasi stichprobenartig den 7. April 2020 genauer unter die Lupe – ein Tag, der in die Hochphase der strikten Corona-Maßnahmen fällt. Demnach wurden an diesem Tag weltweit 83 Millionen Tonnen CO2 aus der Verbrennung fossiler Energieträger ausgestoßen, um 17 Prozent weniger als an einem Durchschnittstag des Vorjahres. Die Forscher begründen das damit, dass die Maßnahmen der Regierungen in aller Welt das Verkehrsaufkommen verringert und das Konsumverhalten verändert haben. Allein der Transportsektor hat an diesem Tag 60 Prozent weniger Treibhausgase verursacht als sonst üblich. Ein Effekt, der allerdings nur temporär wirksam gewesen sein dürfte, wie die Studienautoren folgern, da er nicht auf strukturellen Veränderungen in Wirtschaft, Transport und Industrie fußt. Wie die weltweite Treibhausgasbilanz für das gesamte Jahr 2020 aussehen wird, hängt am Ende maßgeblich von der weiteren Entwicklung des Jahres ab, die noch keiner vorherzusagen wagt.

Und noch einen Haken hat die Erhebung: Sie nahm nur jene Emissionen ins Visier, die aus der Verfeuerung fossiler Ressourcen, also im Wesentlichen aus der Öl-, Kohle- und Erdgasverbrennung, sowie aus der Zementproduktion entstanden sind. Damit ist zwar der Großteil der anthropogenen Treibhausgasquellen erfasst – aber eben nicht das volle Ausmaß. So stammen 15 bis 20 Prozent des globalen CO2-Kuchens aus der fortschreitenden Entwaldung. Immerhin sind in der weltweiten Vegetation rund 700 Milliarden Tonnen Kohlenstoff gespeichert. Werden Wälder & Co dezimiert, also rascher entfernt, als sie nachwachsen könnten, gelangt der ehemals gespeicherte Kohlenstoff in Form von zusätzlichem CO2 in die Atmosphäre. So kommt es, dass heuer etwa für Brasilien trotz Coronakrise ein Emissionsplus von 10 bis 20 Prozent erwartet wird. Denn die Abholzung bzw. Verbrennung des Amazonasregenwalds dürfte im Schatten der Pandemie rasant zugenommen haben – in den ersten vier Monaten des Jahres um mehr als die Hälfte, wie die Auswertung von Satellitenbildern ergeben hat. 1200 Quadratkilometer Regenwald sind in diesem Zeitraum demnach verschwunden.

Das Sattellitenbild vom August 2019 zeigt brennende und gerodete Regenwaldflächen in Nova Bandeirantes im Brasilianischen Bundesstaat Mato Grosso
Das Sattellitenbild vom August 2019 zeigt brennende und gerodete Regenwaldflächen in Nova Bandeirantes im Brasilianischen Bundesstaat Mato Grosso © APA/AFP/© 2019 Planet Labs, Inc/

Und Brasilien ist keine Ausnahme, auch wenn die Entwaldung dort derzeit besonders radikal vonstatten geht und die global wohl wertvollste Schatzkammer der Artenvielfalt trifft. Nach den Aufzeichnungen des UN-Umweltprogramms verschwinden weltweit pro Jahr rund zehn Millionen Hektar Wald von der Erde. Zwar ist das Ausmaß der jährlichen Dezimierung seit den 1990er-Jahren um etwa ein Drittel zurückgegangen, doch immer noch entspricht der Gesamtverlust pro Jahr mehr als der Fläche Österreichs. Dabei ist es nicht primär die Gier nach Holz, die der Entwaldung Vorschub leistet. 80 Prozent der weltweiten Dezimierung von Waldflächen gehen auf das Konto der Landwirtschaft, also der Gewinnung von Landflächen für Viehzucht und Ackerbau, wie europäische Forscher dieser Tage in einem Diskussionspapier festgehalten haben. Gemeint sind damit freilich weniger kleinstrukturierte Betriebe, sondern vorwiegend große Monokulturen bis hin zu den riesigen Palmöl- und Sojaplantagen, deren Erzeugnisse auch in Europa großen Absatz finden. Die Wissenschaftler verorten deshalb auch in Europa eine Verantwortung für die globale Entwaldung und den damit einhergehenden Artenschwund. 600.000 Quadratkilometer Landfläche außerhalb Europas nehme der Kontinent ein, um seinen Bedarf an Agrar- und Holzprodukten zu decken, rechnen die Forscher vor. Das kommt dem Zweifachen der Fläche Italiens gleich.

Klimavolksbegehren in Zeiten von Corona

Zurück nach Österreich: Hier steht inzwischen fest, dass die Eintragungswoche für das laufende Klimavolksbegehren (zur Homepage geht es hier), wie ursprünglich geplant, von 22. bis 29. Juni stattfinden wird. Wegen der Coronakrise hatten die Initiatoren bei der Bundesregierung um eine Verschiebung der Eintragungswoche in den September angesucht. Sollten die Infektionszahlen bis Ende Juni nicht dramatisch steigen, bleibt es aber beim Juni-Termin, hieß es nun aus dem Innenministerium. Volksbegehrens-Sprecherin Katharina Rogenhofer spricht von einer „noch nie dagewesenen Herausforderung für ein Volksbegehren“, zeigt sich aber zuversichtlich. Bereits Anfang März hatten die Initiatoren berichtet, die notwendigen 100.000 Stimmen für eine Behandlung im Parlament über die Unterstützungserklärungen erreicht zu haben. In der Eintragungswoche hofft man nun freilich noch auf substanziell mehr Unterschriften.

--------

Wenn Sie regelmäßig über die Themen Umwelt und Klima auf dem Laufenden gehalten werden möchten, abonnieren Sie unseren kostenlosen Klima-Newsletter: