Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ungarischen Medizintechnikunternehmens Medicor wollten Wien besichtigen, ihre Unterkunft befand sich in Fladnitz. Der Bus fuhr im Bezirk Graz-Umgebung die Rechbergstraße talwärts entlang. Das Fahrzeug wurde immer schneller. Einer der Insassen, Imre Soós, erzählt: „Der Busfahrer und ein Direktor unserer Firma haben zuerst leise miteinander gesprochen und irgendwelche Probleme erwähnt. Ich überhörte nur das Wort ‚Bremse‘“. Soós und seine Frau saßen in der vierten Reihe. Dann sagte der Firmendirektor zum Buschauffeur: „János, bitte bremsen Sie!“ János erwiderte: „Die Bremse geht nicht.“ Der Direktor sagte: „Dann versuchen Sie es mit der Handbremse!“ János darauf: „Das geht auch nicht!“
Eine Augenzeugin, die hinter dem Bus mit ihrem Auto unterwegs war, nahm die roten Bremslichter am Heck des Busses wahr. Langsamer wurde der Bus trotzdem nicht. Plötzlich sah sie das Fahrzeug nicht mehr auf der Fahrbahn. Im Bus nahm Soós seine Frau und sie begaben sich in die Hocke auf den Boden des Busses. Dann durchbrach der Bus in einer Serpentine die Leitplanke.
Unfall mit mehr als ein Dutzend Tote
An diesen Moment denkt Soós nicht gerne zurück. „Wir waren mit dem Bus 30 Meter lang im freien Fall. Dann kam der Bus auf der Vorderseite auf und überschlug sich auf einer hunderte Meter langen, steilen Wiese sicher 20-mal.“ Soós ist einer der Überlebenden des Busunglücks am Rechberg von vor 40 Jahren, insgesamt 15 Menschenleben konnten nicht gerettet werden.Die meisten Insassen wurden während des Aufpralls aus dem Bus geschleudert, auch Soós und seine Frau. Das Fahrzeug kam vollkommen zertrümmert vor einem Bauernhof zum Liegen. Der Landwirt dort, ein Augenzeuge, alarmierte Polizei und Rettung. „Schickt alles, was ihr habt“, lautete der Notruf. Als Erstes wurde Bezirksalarm in Frohnleiten gegeben, in weiterer Folge löste das Rote Kreuz Katastrophenalarm aus. Ein Distriktsarzt schilderte damals: „Auf der Wiese hat es wie nach einem Bombenangriff ausgesehen, überall lagen die Toten und Verletzten“, darüber berichtete die „Kleine Zeitung“ 1983. Soós ist heute 82 Jahre alt und erzählt vom Unfall, als wäre er gestern passiert: „Meine Frau hat nach mir gerufen. Sie war meterweit weg von mir. Ich habe nichts gespürt, keinen Schmerz. Der kam erst, als der Schock nachließ.“
Schwerverletzte wurden versorgt
Zwei Helikopter und 17 Rettungswägen eilten zur Hilfe. „Alle, die nicht mehr am Leben waren, sind von den Sanitätern mit einer Decke zugedeckt worden. Alle, die Hilfe brauchten, wurden von ihnen versorgt“, kann sich Soós erinnern. Über 30 Menschen waren teils schwer verletzt. Ein anderer verletzter Businsasse sagte damals: „Alles hin – meine Frau ist tot“, berichtete ebenfalls die „Kleine Zeitung“ 1983. Soós und seine Frau wurden ins UKH und LKH-Graz gebracht. Der heute 82-Jährige erlitt Rippen-, Schlüsselbein und Schulterbrüche. Nach einem Monat durfte er das UKH verlassen. Seine Frau wurde früher entlassen und musste alle 15 Verstorbenen identifizieren.
Gedenkstätte errichtet
Anlässlich dieser traurigen Bilanz wurde nun auf Initiative der ungarischen Botschaft in Wien, des Forums Hungaricum Graz und des Ungarischen Honorarkonsulats Graz, sowie des Konsul Rudi Roth und seiner Frau Andrea hin eine Gedenkstätte an der Unglücksstelle errichtet. Auf dem Rechberg, Rechbergstraße B 64, in der Gemeinde Schrems bei Frohnleiten. Die Kurve, in der der Bus von der Fahrbahn abkam, kennen die Einheimischen unter dem Namen „Ungarnkurve“, erzählt Konsul Roth. Eingeweiht wird die Gedenkstätte am 40. Gedenktag des Unfalls am 14. September, der Stein der Gedenkstätte stammt direkt aus dem Rechberg. Sieben Überlebende des Busunglücks und Angehörige aus Ungarn werden vor Ort sein. Auf der Gedenkstätte ist auf Ungarisch zu lesen: „Az 1983. Szeptember 14-i tragikus buszbalesetben elhunyt magyar áldozatok emlékére. Nyugodjanak békében!“, zu Deutsch: „Zum Gedenken an die ungarischen Opfer des tragischen Busunglücks vom 14. September 1983. R.I.P.“
Imre Soós, einer der Überlebenden, erzählte der „Kleinen Zeitung“ unter Tränen: „Ich bin so dankbar, wie die österreichischen Sanitäter und Ärzte damals geholfen haben. Dass jetzt nach 40 Jahren noch immer was gemacht wird und für die Verstorbenen eine Gedenkstätte errichtet wurde, ist unglaublich.“