Nach zwei Jahren stetig steigender Milchpreise sowohl im Regal als auch für Produzenten, vollzieht sich am europäischen Milchmarkt derzeit eine bemerkenswerte Trendumkehr (und das, obwohl die Inflation mit 11,1 Prozent auch im Jänner hoch blieb). Auch Österreichs größte Molkerei Berglandmilch senkt die Butterpreise per 1. Februar um 6 Prozent und gleichzeitig den Milchpreis für die 8000 liefernden Bauern um 2 Cent auf netto 56,4 Cent je Kilogramm.

Steil bergab in Deutschland

In Deutschland geht’s gerade noch steiler bergab, da senkten Supermärkte den Preis für ein Viertelkilo Butter (in der günstigsten Kategorie) auf bis zu 1,59 Euro. Zum Vergleich: Vor Weihnachten kostete Butter hierzulande oftmals mehr als 3 Euro. Deutschlands größter Milchverarbeiter DMK senkt den Milchpreis für Bauern gleich um 7 Cent je Kilo.

Seitenhieb in Teuerungsdebatte

"Wir können mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass auch in Österreich die Butter bald unter 2 Euro kosten wird", sagt Jakob Karner. Der Eigentümervertreter der Obersteirischen Molkerei fügt mit einem Schuss Ironie an: "Damit dürfte das Leben bald wieder leistbar sein, wurde Butter ja zuletzt häufig als Hauptursache für die ganze Inflation hingestellt."

"Der größte Feind des hohen Milchpreises ist der hohe Milchpreis"

Aber was ist der Grund für die Milchwende? Es dürfte sich wieder eine alte Bauernregel bewahrheiten: "Der Feind des hohen Milchpreises ist der hohe Milchpreis." Tatsächlich gab es im ersten Halbjahr 2022 europaweit zu wenig Milch (weil viele wegen hoher Futter- und Energiekosten die Produktion drosselten). Das führte zu steigenden Preisen. "Und das wiederum führte in großen Milchländern wie die Niederlande, Deutschland und Frankreich dazu, dass die Höfe ihre Kuhbestände wieder deutlich aufstockten", erklärt Karner. Die Folge: "Der Spotmarktpreis ist im freien Fall." Der symbolisch wichtige Milchpreis auf internationalen Börsen, wo Milch gehandelt wird, sank binnen weniger Wochen von 70 auf nunmehr 43 Cent je Kilo.

Nervosität bei Bauern und Molkereien

Innerhalb der Bauernschaft und der Molkereien steigt damit die Nervosität. "Das Problem ist, dass Energie, Diesel und viele Betriebsmittel ja gleich teuer sind. Wenn aber der Milchpreis für Bauern ins Rutschen kommen sollte, haben wir das Problem, dass gerade bei uns wohl viele aufhören werden", befürchtet Karner. Seine Obersteirische Molkerei hat den Bauernmilchpreis übrigens – noch – nicht gesenkt. "Allerdings war unser Auszahlungspreis mit 53 Cent netto auch nicht so hoch etwa bei der Berglandmilch."

Ennstalmilch will "auf Durchschnitt von 2022 bleiben"

Bei der Ennstalmilch will Aufsichtsratsvorsitzender Andreas Radlingmaier den Preis für die Bauern (zuletzt 55,2 Cent netto) "zumindest im ersten Quartal halten, weil wir zuletzt auch nicht mehr alle Aufwärts-Schritte mitgehen konnten". Die Milch-Anlieferung der Ennstaler Bauern stieg im Vorjahr um 3,5 Prozent, "aber wir konnten das auch verarbeiten und vermarkten. Und das wollen wir auch in diesem Jahr", so Radlingmaier. Was den Bauernmilchpreis betrifft, hofft er, den Durchschnittspreis vom Vorjahr - 47 Cent - heuer übers Jahr halten zu können. Kurzum: Dass es es nicht steiler nach unten geht, als im Vorjahr hinauf.

Australien und Neuseeland produzieren weniger

Was gegen einen Fall ins Bodenlose spricht, ist, dass die Produktion in wichtigen Exportländern wie Neuseeland oder Australien in den letzten Monaten eingebrochen ist. Dadurch könnten sich Chancen am Exportmarkt ergeben.