Der Monitor blinkt rot. Der Kommandant weiß: Ihm bleiben 15 Minuten, um den Befehl zu erteilen, um den Soldaten vom Feld zu nehmen. Denn die Herzfrequenz des jungen Mannes ist zu hoch, die Temperatur ebenfalls, die Atemfrequenz dagegen fällt. Das messen die Sensoren in dem hautengen Top, das der Soldat unter seiner Uniform, unter der schweren Schutzkleidung trägt. Die kleinen, im Top eingenähten Sensoren am Nacken und an der Brust übertragen die Daten direkt auf den Monitor des Kommandanten.
So ungefähr soll das funktionieren, wenn das Projekt fertig ist, an dem Dietmar Wallner und sein Team mitwirken. Wallner leitet das Sportwissenschaftliche Labor an der FH Joanneum in Bad Gleichenberg. Im Projekt "VitalMonitor" arbeitet er seit 2020 etwa mit dem Militär zusammen, die Forschungsförderungsgesellschaft FFG stellt das Geld bereit.

Das große Ziel: Soldatinnen und Soldaten mithilfe von smarten Textilien rechtzeitig von Übungen, vom Training oder Einsatz abziehen, damit die Gesundheit nicht gefährdet wird, keine Verletzungen oder Fehler infolge von Erschöpfung passieren. Auch maßgeschneiderte Trainings, die jeden Einzelnen gut auslasten, werden mit den Messungen möglich.
Top tritt gegen herkömmliche Messgeräte an
Erste Prototypen der Tops gibt es schon. "Die Sensoren darin sind voll flexibel und machen keine Probleme", sagt Wallner, der selbst Leichtathlet war und immer noch Trainer ist. Er und sein Team sind dafür zuständig, die Tops im Labor zu testen. Denn: "Wir haben hier die Goldstandardausrüstung." Zum Beispiel das Ergometer mit EKG-Anlage, das Riesen-Laufband unter Starkstrom und die Spirometrieanlage fürs Testen der Lungenfunktion. "Die EKG-Anlage misst die Herzfrequenz einfach am genauesten", erklärt Wallner.

Die Messwerte vergleicht er dann mit jenen, die das Top liefert. Wobei man bei unterschiedlich schwierigen Bedingungen testet. "Um zu schauen, was sind die Grenzen", sagt Wallner. Ein "leichter" Test findet bei Raumtemperatur statt, am Fahrrad, weil der Oberkörper sich da wenig bewegt und nichts verrutscht. Kniffliger wird es fürs smarte Top, wenn es die Daten einer Person am Laufband unter einem Zelt bei 35 Grad und hoher Luftfeuchtigkeit messen muss.
Die Testergebnisse bekommt der Hersteller der Sensoren, der dann optimiert. Joanneum-Research bastelt übrigens einen Algorithmus, damit die Kommandanten beim Bundesheer die gemessenen Daten nicht selbst interpretieren müssen, sondern über Farbcodes sehen, wie es um die Soldaten steht.

Es gibt noch viel zu tun
Übrigens spielen smarte Textilien auch beim Sport und in der Medizin eine immer größere Rolle. Im Fußball kann man damit das Training der Spieler individuell verbessern und Ärzte könnten die Werte von Patienten immer im Blick haben. Wallners Labor hat zum Beispiel schon mit dem SK Sturm Graz oder dem Gesundheitsfonds zusammengearbeitet.
Noch ist aber viel zu tun in Sachen smarte Textilien. Die Kosten sind hoch, reichen von 300 bis 1500 Euro pro Kleidungsstück – je nachdem, ob auch ein Tracker mit dabei ist. Und das Waschen der Kleidungsstücke ist bei vielen Herstellern ein Problem: "Ein neues Shirt misst relativ gut, aber wenn man es öfter wäscht, gehen die Sensoren kaputt", sagt Wallner. Aber: "Diese Problematik konnte der Projektpartner bei seinen smarten Textilien schon lösen", sagt Wallner.
Bis Februar 2023 läuft das Projekt "VitalMonitor". Bis dahin will man einen guten Prototyp des Tops haben, den dann eine Firma auf den Markt bringen kann.