Nicole Schmidhofer lacht, es ist ihr Naturell. „Ich habe immer lachen können, auch wenn es zwischendrin schon zum Rearn war.“ Doch die schwersten Momente nach ihrem fürchterlichen Sturz am 18. Dezember in Val d´Isere hat sie überwunden, und deren gab es zahlreiche. Nach vier Operationen, einem wochenlangen Aufenthalt in der Rehaklinik Tobelbad und einer vorübergehenden Übersiedlung in die Ferienwohnung von Ski-Kollegin Cornelia Hütter konnte die österreichische Topspeed-Rennläuferin wieder nach Hause.

Sechs Monate musste die Steirerin auf diesen Moment warten und war zunächst einmal schlichtweg „maximal überfordert“. Warum, ist einfach erklärt. „Es war auf einmal kein Plan mehr da.“ Plötzlich ist das Leben wieder ganz anders. Sie muss wieder lernen, auf eigenen Füßen zu stehen, im Wortsinn hat sie es schon geschafft. Und es geht was weiter, buchstäblich. „Nur laufen geht noch nicht“, sagt sie. Der Ermüdungsgrad ist allerdings noch ein ziemlich steiler, der Schlaf ein steter Begleiter. „Es wird lang und mühsam.“

Ihre eigentliche Bestimmung hat Nici Schmidhofer nicht aus den Augen verloren. Noch heuer wird sie Kontakt mit Ski und Schnee aufnehmen, denn „Olympia ist das Ziel“. Dass sie daran denken kann, ist das Verdienst intensiven Zusammenwirkens aller verfügbaren Kräfte. Familie, Ärzte, Therapeuten, auch ein Mentalbetreuer haben ihr wieder auf die Beine geholfen. „Allein wäre es ein Ding der Unmöglichkeit, nach so einer Verletzung zurückzukommen.“ In Ramsau erfährt Schmidhofer in dieser Woche erstmals wieder das Gespür für das Training innerhalb der ÖSV-Gemeinschaft, die sie lange missen musste, auch wenn ihre Übungen noch etwas anders aussehen. Sie ist davon überzeugt, es zu schaffen, dank ihrer Willensstärke. Ein Ende der Karriere war in den vergangenen Monaten „nie ein Thema“.

Kleine Erfolgsmomente

Ebenfalls vier Operationen hinter sich hat Conny Hütter, wenngleich über mehrere Saisonen verteilt. Die Steirerin versucht, sich nach der Unzahl an Rückschlägen wieder heranzutasten an die Spitze. Da können auch kleine Erfolgsmomente große mentale Sprünge nach sich ziehen. Der 21. Platz beim Super-G in Val di Fassa war ein solches Schlüsselerlebnis. „Ich hatte ein Gefühl, als hätte ich gewonnen. Ich weiß, dass noch nicht Schluss ist.“ Nun nimmt sie die Olympiasaison in Angriff. „Das erste Ziel ist, sich zu qualifizieren“, meint Hütter. Die interne Konkurrenz ist stark. Die Voraussetzungen sind so gut wie lange nicht. „Das ist die erste normale Vorbereitung seit drei Jahren.“

Von gröberen Verletzungen verschont geblieben ist bisher Tamara Tippler, die dritte Steirerin im Speed-Bunde. Dafür wurde die Mauternerin von Corona erwischt, just als sie bestens in Schuss gekommen war. Trotzdem zeigt sich die 30-Jährige „sehr glücklich mit der Saison“. Die ständige Weiterentwicklung ist ein Fixpunkt und sie weiß, wo es anzusetzen gilt. „Ich lasse mich oft zu sehr von Emotionen leiten, das kann dich ausbremsen.“ Dies, so glaubt sie, hat sie nun im Griff. „Ich muss mit mir selbst im Gleichgewicht sein.“

Verbesserungspotenzial

Ramsau ist die Heimat von Christian Mitter. Der ÖSV-Damencheftrainer sieht ausreichend Potenzial und „viele Ansätze“ für Verbesserungen, auch auf technischer Ebene. Oft fehle die letzte Entschlossenheit. In erster Linie aber gehe es um die Person, vor allem nach einer Saison mit derart vielen Rückschlägen durch Verletzungen. „Es muss dem Menschen gut gehen.“ Eine Skination wie die österreichische müsse jedoch grundsätzlich in der Lage sein, auch solche Ausfälle mittelfristig zu kompensieren. Der Europacup verlief vielversprechend. „Der Schritt in den Weltcup ist aber etwas ganz anderes. Wir schauen, dass sich in der Breite was entwickelt.“
Im September soll in Chile ein Vorsprung auf die internationale Konkurrenz herausgefahren werden. Die Flüge sind schon gebucht, ob die ÖSV-Damen abheben, wird sich noch weisen.