Mesut Özil ist die Entscheidung zum Rücktritt aus der deutschen Nationalmannschaft nach Aussage seines Bruders nicht leicht gefallen. "Wir haben diese Entscheidung zusammen getroffen. Er hat über das Thema sehr viel nachgedacht", sagte Özils Bruder Mutlu der türkischen Nachrichtenagentur DHA am Mittwoch. Mesut Özil gehe es aber gut, er konzentriere sich nun auf seinen Verein Arsenal.

Mutlu Özil betonte, sein Bruder habe das, was vorgefallen ist, nicht verdient: "Jeder will ein letztes Spiel machen und gut aufhören. Er hätte sich besser verabschieden können." Die Schuld für den unglücklichen Abgang liege jedoch nicht bei seinem Bruder.

Zum Thema Rassismus sagte Mutlu Özil, dass es diesen in Deutschland schon immer gegeben habe und dass er nun zunehme. Als Familie hätten sie jedoch keine großen Erfahrungen mit Rassismus gemacht. Seinem Bruder gegenüber gebe es rassistische Äußerungen, viele Deutsche unterstützten den Fußballer aber auch. "Wir sind nicht gekränkt. Wir leben in Deutschland und sind Türken. Wir haben zwei Verbindungen", erklärte Mutlu Özil.

Er bestätigte, dass der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan am Vortag angerufen und seine Unterstützung gezeigt habe. "Das reicht uns schon." Mutlu Özil ist auch Geschäftsführer im Management-Team seines Bruders.

Der frühere Freiburger Fußballprofi Ali Günes sagte indes, dass er den Teamrücktritt Özils nachvollziehen könne, aber dessen Verhalten direkt nach dem Foto mit Erdogan unglücklich finde. Özil hätte "viel früher reagieren müssen - spätestens Anfang Juni im WM-Trainingslager der Nationalmannschaft in Südtirol", meinte der ehemalige Offensivspieler im Gespräch mit der "Badischen Zeitung" (Mittwoch). "Da wäre eine Stellungnahme zum Thema Erdogan angemessen gewesen - am besten mit dem DFB gemeinsam", meinte der 39-Jährige, der nur ein Länderspiel für die Türkei bestritt.

"Je länger Mesuts Schweigen anhielt, desto stärker wurde der öffentliche Druck auf und die Verärgerung über ihn. Erst so ist diese negative Stimmung entstanden. Das war von ihm und auch seitens des DFB ungeschickt", erklärte Günes. Dass Özil sich mit Erdogan fotografieren ließ, könne er aber verstehen. Der Respekt vor älteren und höhergestellten Persönlichkeiten sei in der türkischen Kultur tief verwurzelt. Özils Eltern hätten sich sehr gewünscht, dass er den Termin wahrnimmt.

Nun sei der Rücktritt für Özil und den Deutschen Fußball-Bund (DFB) "die beste Entscheidung", meinte der in Donaueschingen geborene Günes, der als Profi auch für Fenerbahce und Besiktas Istanbul spielte. "Momentan gibt es viel Getöse, aber bald werden sich die Wogen glätten. Diese angeheizte Debatte über Rassismus im DFB führt zu nichts, sie bringt nur böses Blut."